Generation Trampen - DW-Redakteure erinnern sich
Mit Smartphones, Mitfahrzentralen und Fernbussen ist das Reisen per Anhalter vielerorts zum Randphänomen geworden. Doch es gab auch andere Zeiten. DW-Redakteure erinnern sich - an Freundschaften, Liebe und Todesangst.
Daumen hoch fürs Liebesglück
"Ohne Trampen würde es mich nicht geben. Mein Vater ist Anfang der 1970er in den Urlaub in das damalige Jugoslawien gefahren und hat an einer Küstenstraße zwei Frauen gesehen, die in den nächsten Ort wollten. Er hat sie mitgenommen und sich mit einer besonders gut unterhalten. Sie haben sich für den Abend verabredet, es funkte und sie wurde seine Frau und meine Mutter." Thomas Latschan
Schnellste Anhalterin Israels
"Ich bin in Südamerika und Südafrika getrampt, aber auch in Israel. Dort ist das Trampen in ländlichen Gebieten sehr beliebt. 2004 habe ich ein Tramprennen vom Norden bis nach Eilat gewonnen. Auch während des Wehrdienstes bin ich getrampt. Soldaten ist das meist wegen des Risikos, entführt zu werden, verboten, aber für Reisen in abgelegene Orte kann man eine Genehmigung bekommen." Dana Regev
Ost-West-Freundschaft
"Mit Freunden trampte ich in den 1980ern von der Ostsee bis ans Schwarze Meer. Auf dem Rückweg in die DDR trampten wir ab Budapest um die Wette. Ich verlor immer, zog aber einmal bei Prag das große Los: Ein Punk in einem Citroen DS mit West-Berliner Kennzeichen fuhr mich bis zur ersten S-Bahn-Station in Ost-Berlin. Dort trennten sich unsere Wege. Befreundet sind wir noch heute." Claus Stäcker
Ein Kofferraum voller Waffen
"1981 bin ich mit meinem damaligen Freund in die USA und nach Mexiko gereist. Wir sind mit Truckern und Hippies in Kalifornien und an der Ostküste entlang getrampt und haben viel erlebt. Einmal sind wir mit zwei ehemaligen Strafgefangenen mitgefahren, deren Kofferraum voller Waffen war. Wir waren froh, ohne Schaden aus der Nummer herausgekommen zu sein." Astrid Prange (mit Originalschild)
Todesangst in den Bergen
"Ich bin in den frühen 1990ern mit meinem Freund von Berlin nach Prag getrampt. Hinter Dresden ging es über die Berge. Ein Mann hat uns in seinem giftgrünen BMW mitgenommen. Er wirkte sehr aufgedreht und fuhr so schnell über die Serpentinen, dass wir Todesangst hatten. Am Morgen ging es zur nächsten Gaststätte, wo er uns auf ein Bier einlud - ein versöhnliches Ende." Nancy Isenson
Kurzbesuch in der Kathedrale
"In den frühen 1980ern habe ich in Paris gelebt. Ich wollte in Heidelberg Freunde besuchen und bin von einem Franzosen mitgenommen worden. Wir haben uns über Kirchen unterhalten. Hinter Reims ist er einen Umweg gefahren, um mir die Kathedrale von Châlons-en-Champagne zu zeigen. Es war eine tolle Bereicherung, mit jemandem zu fahren, der einem etwas von seinem Land zeigen wollte." Peter Koppen
Ein Land, zwei Welten
"Ich bin in jungen Jahren in Italien sehr gut mit Trampen vorwärtsgekommen. Als ich vor acht Jahren versucht habe, in Kalabrien zu trampen, stand ich dagegen sehr lange am Straßenrand. Später hat mich doch ein junges Paar mitgenommen und mir erklärt, die Italiener nähmen jetzt nur ungerne Anhalter mit - aus Angst, dass sie ihre Sicherheit riskieren." Malgorzata Matzke-Bresinski
Per Kuhtransporter nach Islamabad
"In Pakistan gibt es keine Trampkultur. 2009 sind meine Mutter und ich zwischen Lahore und Islamabad auf der Autobahn liegengeblieben. Es gab keine Busse oder Taxen, also haben wir ganz Deutsch den Daumen rausgestreckt. Eine Stunde lang wollte uns niemand mitnehmen. Wahrscheinlich dachte man, wir seien Prostituierte. Schließlich hat sich der Fahrer eines Kuhtransporters erbarmt." Rachel Baig