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Generalstreik legte Griechenland lahm

11. März 2010

Eisernes Sparen und alle drei Monate zum Rapport – Griechenland steht unter Beobachtung der EU. Doch viele Hellenen haben keine Lust auf Einschnitte und haben mit einem Streik erneut das öffentliche Leben lahmgelegt.

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Polizisten und Demonstranten (Foto: AP)
Auch Polizisten protestierten gegen die SparpläneBild: AP

In Athen wird der Rotstift angesetzt: Mit massiven Sparmaßnahmen will Griechenland sein Staatsdefizit in den Griff bekommen. Das behagt nicht allen Griechen. Mit einer Streikwelle haben am Donnerstag (11.03.2010) die Gewerkschaften das öffentliche Leben praktisch zum Erliegen gebracht. Vehement protestieren viele Hellenen gegen die Sparpläne der Regierung zur Überwindung der Schuldenkrise. Tausende Menschen gingen allein in Athen auf die Straße. Dabei kam es in der Hauptstadt zu Auseinandersetzungen zwischen jungen Demonstranten und der Polizei. Jugendliche warfen Molotow-Cocktails auf die Polizisten, die das Parlament bewachten. Die Sicherheitskräfte setzten ihrerseits Tränengas ein. Die Jugendlichen zerschlugen auch rund ein Dutzend Schaufensterscheiben.

Ein Seemann feudelt den Eingang einer Fähre (Foto: AP)
Der Generalstreik legte auch den Fährverkehr lahmBild: AP

Die protestierenden Menschen skandierten Sprüche wie "Recht ist das Recht des Arbeiters" und fordern eine Ausweitung des Widerstands: Sie appellierten an das griechische Volk, einen "Aufstand" gegen die Pläne zu unterstützen. "Sie wollen, dass die Arbeitnehmer den Preis für diese Krise zahlen", kritisierte Jannis Panagopoulus, der Vorsitzende des Gewerkschaftsbundes GSEE, die Sparmaßnahmen. Er meint: "Diese Maßnahmen wirken nicht, sie werden die Wirtschaft einfrieren." Besonders betroffen von den Streiks war der Verkehr. Da die Fluglotsen streikten, wurden sämtliche Flüge von und nach Griechenland gestrichen. Gestrandete Reisende gab es nicht, die Fluglinien hatten ihre Passagiere rechtzeitig informiert. Auch die Eisenbahn und die Fähren wurden bestreikt.

Funkstille in Griechenland

Im Radio und Fernsehen gab es keine Nachrichten, weil auch die Journalisten für 24 Stunden in den Ausstand traten. Die meisten Behörden blieben geschlossen, ebenso Universitäten und Schulen. In den Krankenhäusern wurden nur Notfälle behandelt. Zudem blieben alle antiken Stätten und Museen geschlossen. Supermärkte, die meisten Banken und die Hotels hatten dagegen geöffnet. Auch die Taxis fuhren.

Giorgos Papandreou (Foto: AP)
Griechenlands Premier Papandreou bittet die Bevölkerung um Verständnis für das SparprogrammBild: AP

Der sozialistische Ministerpräsident Giorgos Papandreou zeigte Verständnis für die Empörung seiner Landsleute. Zugleich verweist er jedoch weiter darauf, dass die öffentlichen Kassen leer sind: Es gebe einfach "kein Geld". Das Sparprogramm seiner Regierung sieht unter anderem einen Einstellungsstopp im öffentlichen Dienst, Gehaltskürzungen für Beamte und Steuererhöhungen vor.

Juncker lobt griechische Sparmaßnahmen

In Anbetracht der heftigen Protestwelle sendet Europa aufmunternde Worte an die griechische Regierung: Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker, zugleich Chef der Euro-Gruppe, lobte die Sparanstrengungen der Hellenen. Die Finanzmärkte hätten den Sparkurs der Griechen durchaus positiv aufgenommen, sagte Juncker. "Daher kann von einem Ablenkungsmanöver der Griechen nicht die Rede sein."

Juncker begrüßte außerdem den Vorschlag, einen Europäischen Währungsfonds zu gründen. "Allerdings kann ein solcher Fonds nicht alle Probleme lösen", sagte er in Hinblick auf die finanzielle Eigenverantwortlichkeit der EU-Mitgliedsstaaten. Jeder Euro-Staat solle seine Finanzen zunächst selbst in Ordnung bringen. Der luxemburgische Premier kündigte an, dass sich die Finanzminister der Euro-Gruppe am kommenden Montag mit dem Thema beschäftigen. Und auch die Bundeskanzlerin ermunterte Athen, weiter zu sparen. Angela Merkel sagte bei einem Besuch in den Niederlanden, die ersten Schritte seien positiv. Griechenland müsse aber weiter handeln, um das Vertrauen der Märkte wieder zu gewinnen.

Blick über Athen (Foto: dpa)
Die griechische Hauptstadt Athen war das Zentrum des GeneralstreiksBild: picture-alliance/dpa/Peter Zimmermann

Den Griechen droht unterdessen ein noch größeres Finanzloch: Wegen des Streiks verschob die Statistikbehörde die Bekanntgabe der Daten über das Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal 2009 und der Arbeitslosenzahlen für Dezember auf Freitag. Nach ersten Schätzungen schrumpfte die griechische Wirtschaftsleistung nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters zwischen Oktober und Dezember im Jahresvergleich um weitere 2,6 Prozent.

Autor: Marcus Bölz (afp, rtr, dpa)
Redaktion: Julia Elvers-Guyot