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Gebete für Mandela

Ludger Schadomsky26. Juni 2013

Der kritische Gesundheitszustand Nelson Mandelas löst in Südafrika eine Welle der Anteilnahme aus. Das Krankenhaus, in dem Nelson Mandela mit dem Tod ringt, wird zur blumengeschmückten Pilgerstätte.

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Genesungswünsche für Mandela vor der Klinik (Foto: DW/Ludger Schadomsky)
Genesungswünsche für Mandela vor der KlinikBild: DW/L. Schadomsky

Fast sah es so aus, als sollte sich die Mahnwache vor der Mediclinic in Pretoria nun auch auf die 40 Kilometer entfernte Wirtschaftsmetropole Südafrikas ausweiten: Am Mittwochmittag meldeten die Verkehrsnachrichten einen Endlosstau in Johannesburg – ausgerechnet im Bereich "Nelson-Mandela-Drive"und "Madiba Street".

Außerhalb der streng bewachten und teilweise abgesperrten Klinik harrten derweil weiter Dutzende Südafrikaner aus, um für ihr Nationalidol Mandela zu beten. Immer wieder stimmten Einzelne spontan Gesänge an, darunter die ergreifende Hymne Ga a yo o tshwanang le yena – "Es gibt niemanden wie ihn".

Plakat vor Klinik in Pretoria, in der Mandela behandelt wird (Foto: Ludger Schadomsky)
Genesungswünsche kommen aus aller Welt ans KapBild: DW/L. Schadomsky

Dazu schmückten Sträuße von Proteas, Südafrikas Nationalblume, Teddybären und Kinderzeichnungen den Klinikzaun. "Wir lieben dich, Tata (Vater)" stand auf dem Plakat einer Schulklasse. Am Dienstag hatte ein Geschäftsmann hier 100 weiße Tauben in den Himmel über Pretoria aufsteigen lassen – als Anerkennung für die Versöhnungsarbeit des Gründers der Regenbogennation Südafrika.

Familien-Zwist um Ruhestätte

Laut südafrikanischer Medien sollten sich im Laufe des Mittwochs traditionelle Führer von Mandelas Thembu-Klan, darunter Chief Bhovulengwe, aus dem Ostkap in der Klinik einfinden, um mit Mandelas Familie und den Ärzten das weitere Vorgehen zu beratschlagen. Es ist in Südafrika längst kein Geheimnis mehr, dass es innerhalb des weit verzweigten Mandelaklans Unstimmigkeiten über die letzte Ruhestätte des Nobelpreisträgers gibt. Mandelas Enkel Mandla soll deshalb am Dienstagabend aufgebraust ein kurzfristig anberaumtes Treffen der Familie verlassen haben. Zuvor hatte ein anderer Enkel, Ndaba, in Mandelas Heimatort Qunu die Grabstätte der Mandelafamilie besucht – Südafrikas Medien interpretieren dies als sicheres Zeichen für eine demnächst bevorstehende Beerdigung. Die Zeitung "The Citizen" weiß unter Berufung auf Familienangehörige zu berichten, dass Südafrikas erster schwarzer Präsident inzwischen künstlich beatmet werden muss und an Nierenversagen leidet.

Vor der Klinik in Pretoria, in der Mandela behandelt wird (Foto: Ludger Schadomsky)
Strenge Bewachung der Mediclinic in PretoriaBild: DW/L. Schadomsky

Zu der Schwere seiner Erkrankung würde passen, dass am späten Dienstag der Erzbischof von Kapstadt, Thabo Makgoba, nach Pretoria eilte, um gemeinsam mit Mandelas Frau Graca Machel "in dieser schweren Zweit des Bangens und Wartens" an dessen Bett zu beten. Der Besuch gilt Südafrika als weiterer Beweis, dass das Ende Mandelas kaum noch eine Frage des "Ob", sondern lediglich des "Wann" ist.

"Der alte Mann ist müde", hatte bereits ein Zollbeamter am Flughafen Johannesburg am Mittwochmorgen konstatiert. In der Filiale der großen  Buchhandelskette CNA in der Ankunftshalle waren Mitarbeiterinnen damit beschäftigt, Mandela- Bücherecken einzurichten, darunter seine berühmte Biographie "Ein langer Weg zur Freiheit", die die Entwicklung vom ehemaligen Hütejungen zum Freiheitskämpfer und Vater des modernen Südafrikas erzählt.

"Für mich bleibt Madiba der Mann, der für unsere Freiheit gekämpft hat", sagt Simphiwe Mkhatshina. Nicht nur für Südafrikaner, sondern für den gesamten Kontinent habe er Großes geleistet, so der Student der Öffentlichkeitsarbeit in Johannesburg im Gespräch mit der DW vor dem Klinikeingang.

Simphiwe Mkhatshina vor der Klinik, in der Mandela behandelt wird (Foto: Ludger Schadomsky)
Simphiwe MkhatshinaBild: DW/L. Schadomsky

Mandela wurde seit Ende 2012 vier Mal ins Krankenhaus gebracht - zuletzt am 8.Juni mit einer Lungenentzündung, die auf eine in Gefangenschaft erlittene Tuberkulose zurückgeht. Am 18. Juli würde Madiba, wie er von weißen und schwarzen Südafrikanern liebevoll gerufen wird, seinen 95. Geburtstag feiern. Präsident Jacob Zuma forderte die Nation auf, den Ehrentag "so groß wie nie zuvor" zu begehen. Doch wenige Südafrikaner glauben inzwischen, dass Mandela weitere drei Wochen durchhalten wird.

Kein Treffen der beiden Schwarzen-Ikonen

Genesungswünsche strömen aus aller Welt ans Kap - zuletzt auch aus dem Weißen Haus in Washington. Am Freitag wird Präsident Barack Obama im Rahmen seiner ersten größeren Afrikareise in Südafrika erwartet. Bislang hält sich das amerikanische Protokoll zurück bei der Frage, ob ein eventueller Tod Mandelas die Reiseplanung des ersten schwarzen Präsidenten der Vereinigten Staaten beeinflussen wird.

Fest steht, dass es nicht zu einem direkten Treffen Obamas und Mandelas kommen wird, wie Südafrikas Außenminister Maite Nkoana Mashabane vorab klarstellte. Stattdessen wird Obama Mandelas ehemalige Gefängniszelle Nummer 5 auf Robben Island vor Kapstadt besuchen. "Auch wenn Präsident Obama ihn sehr gern getroffen hätte: In unserem Land gewähren wir Kranken Ruhe", wird Mashabane zitiert. Ein möglicher Tod Mandelas bei gleichzeitigem Eintreffen des von gewohnt strengen Sicherheitsauflagen umgebenen Obama dürfte Südafrikas Protokoll vor ernsthafte Schwierigkeiten stellen. In Washington wird spekuliert, dass Obama in dem Fall seinen Besuch abbrechen und zum Staatsakt zurückkehren könnte.