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Geben und Nehmen

Thomas Kohlmann4. Mai 2002

Im Stahlkonflikt zwischen der USA und der EU muss sensibel verhandelt werden - wie die Vorgeschichte zeigt.

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Probleme im Welthandel: Der Stahl brachte den Streit ins RollenBild: AP

Dieter Ameling, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl glaubt an Verhandlungen im zugespitzten Konflikt um die Stahlimporte. Vor allem bei Spezialstahl, auf den die amerikanische Industrie dringend angewiesen ist, sieht er gute Chancen für Ausnahmeregelungen. Dazu gehört zum Beispiel Thyssen Krupp. Das deutsche Unternehmen hatte zuletzt in den USA einen Umsatz von rund 200 Millionen Euro, 70 Prozent davon entfielen allein auf den Autobauer Chrysler. Thyssen Krupp möchte es nun dem australischen Stahlkonzern BHP nachmachen, dessen Exporte in die USA zu 75 Prozent vom Zoll befreit sind.

Nächster Konflikt vorprogrammiert

Für neue Konflikte dürfte jedoch ein am Donnerstag (02.05.2002) vom Repräsentantenhaus gebilligtes Agrargesetz sorgen. US-Farmer versprechen sich davon in den nächsten zehn Jahren Subventionen in der Rekordhöhe von rund 180 Milliarden Dollar. Die bereits existierenden Beihilfen werden so um 73,5 Milliarden Dollar aufgestockt. Die Subventionen gelten für eine breite Palette von Agrarprodukten. Sie kommen vor allem den Bundesstaaten im Mittleren Westen und im Süden der USA zugute. Angesichts der Kongresswahlen im Herbst ein großzügiges Wahlgeschenk aus Washington.

Wettbewerbsvorteile durch Agrarsubventionen

Das neue Gesetz pumpt nun Milliarden in die Landwirtschaft und verschafft den US-Bauern damit nach Ansicht ausländischer Kritiker Wettbewerbsvorteile. Erst 1996 war ein Gesetz verabschiedet worden, das die US-Farmer allmählich von Subventionen unabhängiger machen sollte. Obwohl bei der Welthandelsrunde in Uruguay vereinbart worden war, dass die USA nicht mehr als 19 Milliarden Dollar im Jahr an Agrarsubventionen vergeben dürfen. Die EU hat bereits klar gemacht, dass sie bei der WTO klagen wird, falls die neuen US-Agrarhilfen gegen geltende Abkommen verstoßen. Bei der WTO-Ministerkonferenz in Doha hatte die EU sich zu der Zusage bereit erklärt, ihre eigenen Agrarsubventionen zu reduzieren.

Mit Hähnchen ausgetrickst

Schutzzölle können aber auch langfristig dem eigenen Land schaden. Dass erfuhren die Amerikaner spätestens in den 70er Jahren, als ihr Automobilmarkt mit japanischen Wagen regelrecht überschwemmt wurde. Die Invasion der japanischen Autos und Trucks war eine direkte Folge des Hähnchenkrieges zwischen den USA und Deutschland, der 1962 ausgebrochen war: Damals hatte die Bundesregierung die Zölle für die Einfuhr amerikanischer Hähnchen über Nacht verdreifacht um eigene Geflügelproduzenten zu schützen. Die Antwort der Regierung in Washington war ein Strafzoll von 25-Prozent auf den Import von Kleinlastwagen. Obwohl die Amerikaner damit in erster Linie auf die deutschen VW-Busse und –Kleintransporter abzielte, waren auch japanische Fabrikate betroffen. Die cleveren Japaner umgingen jedoch die Strafzölle, indem sie – wie zuerst Toyota in Long Beach – die Endfertigung kleiner Trucks in die USA verlagerte. Zwar wurden dort nur noch die Ladeflächen auf die komplett in Japan montierten Kleinlastwagen montiert - doch die Japaner hatten den Strafzoll umgangen und legten mit ihren Produktionsstätten das Fundament für ihre spätere Eroberung des US-Automarktes. Clever gepokert.