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Gaza: Hilfe aus Deutschland mit Luftbrücke und Ortskräften

3. April 2024

Sieben internationale Helfer wurden im Gazastreifen getötet. Welche Hilfe aus Deutschland kommt noch vor Ort an? Außenministerin Annalena Baerbock nennt die Hilfspakete aus der Luft einen "Tropfen auf dem heißen Stein."

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Eine Mutter sitzt mit ihren vier Kindern auf dem Boden vor Trümmern eines Hauses. Vor ihnen ein Tablett mit Essen.
Viele Familien haben ihr Haus verloren und haben nur wenig zu essenBild: Mohammed Salem/REUTERS

Es ist erneut eine schreckliche Meldung aus dem Gazastreifen: Sieben Mitglieder der internationalen Hilfsorganisation "World Central Kitchen" sind bei einem israelischen Angriff ums Leben   gekommen. Helfer, die dort waren, um das große Leid der geschätzt etwa 2,4 Millionen Menschen im Gazastreifen zu mindern. Die furchtbare Meldung wirft noch einmal ein Schlaglicht auf die internationale, auch die deutsche Hilfe für die Menschen im Kriegsgebiet.

Rot-Kreuz-Präsidentin spricht von "katastrophaler Lage"

Seit Wochen schon klagen auch die deutschen Hilfsgruppen immer lauter, dass sie kaum noch Hilfe leisten können. Die meist unaufgeregte Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Gerda Hasselfeldt, neigt eigentlich nicht zum Alarmismus. Wenn die frühere Bundesministerin und CSU-Politikerin die Lage für die Menschen im Gazastreifen jetzt als "wirklich katastrophal" bezeichnet , dann beschreibt sie die Lage deshalb so, wie sie wohl ist. Im Radiosender Deutschlandfunk sagte Hasselfeldt, die Hilfsgüter, die durch die wenigen offenen Zugänge geliefert würden, reichten einfach nicht aus. Hasselfeldt: "Es mangelt an allem. Und mit zunehmenden Konflikten und auch Drohungen und Ankündigungen von weiteren Angriffen wird die Lage noch prekärer." 

Güter per Flugzeug nach Ägypten und dann nach Gaza

Seit 2017 führt Hasselfeldt das Deutsche Rote Kreuz. Wie viel Hilfe ihre Organisation seit dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel Anfang Oktober vergangenen Jahres im Gazastreifen geleistet hat, kann auch sie nur schwer beziffern. "Wir haben schon mehrere Flugzeuge mit Hilfsgütern nach Ägypten und dann anschließend in den Gazastreifen gebracht." Unter anderem seien dabei Nahrungsmittel, aber auch medizinische Geräte sowie Hilfsmittel für die Sanitätsversorgung geliefert worden.

Ein zerstörtes Auto steht an dem Ort, an dem im Gaza-Streifen sieben Mitglieder der Hilfsgruppe "World Central Kitchen" bei einem israelischen Angriff getötet wurden
An diesem Ort im Gazastreifen wurden sieben Mitglieder der Hilfsgruppe "World Central Kitchen" bei einem israelischen Angriff getötetBild: Abdel Kareem Hana/AP/picture alliance

GIZ hat kein deutsches Personal mehr in Gaza

Die klassische Entwicklungszusammenarbeit betreiben staatliche oder öffentlich-rechtliche Organisationen wie die "Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit" (GIZ). Sie setzt Projekte etwa des Bundesministeriums für Entwicklungszusammenarbeit (BMZ) um. Auf Anfrage der DW sagt die Sprecherin des Ministeriums, Katja Hummel, Organisationen wie die GIZ hätten kein aus Deutschland entsandtes Personal im Gazastreifen. Bis zum Terrorangriff der Hamas seien immer wieder Mitarbeiter entweder aus Ramallah im Westjordanland oder aus Deutschland in den Gazastreifen gekommen, um den Fortschritt von Projekten zu überprüfen. "Diese Reisen von entsandtem Personal in den Gazastreifen sind wegen der aktuellen Lage bis auf weiteres nicht möglich."

Infografik Karte Gazastreifen DE

Kirchliche Gruppen arbeiten mit lokalen Helfern

Das gleiche gilt auch für kirchliche Akteure wie Caritas international. Deren Sprecher Achim Reinke sagt der DW: "Das ist sowieso nicht unser Ansatz, wir arbeiten immer mit lokalen Helfern." Aber einen Einblick in die katastrophale Lage hat natürlich auch die Caritas, die eng mit anderen katholischen Gruppen in der ganzen Welt vernetzt ist. Wenn sich jetzt die Bundeswehr an einer Luftbrücke von Jordanien aus beteiligt, um Hilfspakete über dem dicht besiedelten Kriegsgebiet abzuwerfen, dann zeigt das nach Ansicht von Reinke nur, wie verzweifelt die Lage ist: "Das ist ja im Grunde ein Zeichen der Ohnmacht. Solche Abwürfe erreichen, wenn überhaupt, nur die Stärksten der Starken. Alte Menschen oder Menschen mit Behinderungen haben davon nichts."

Aus einem Flugzeug werden Hilfsgüter, markiert mit einer deutschen Fahne, über dem Gazastreifen abgeworfen
Hilfe aus der Luft: Die Bundeswehr wirft Hilfsgüter über dem Gazastreifen abBild: Christian Timmig/Bundeswehr/dpa/picture alliance

Besser wären, so Reinke, Hilfstransporte über den Land- oder Seeweg, die aber auch immer gefährlicher würden. Die sind derzeit aber nur sehr eingeschränkt möglich, da viele Übergänge von Israel zum Gazastreifen seit dem Angriff der von zahlreichen Ländern als Terrororganisation eingestuften Hamas geschlossen sind. 

Hilfe aus der Luft

Seit Mitte März beteiligt sich Deutschland an solchen Abwürfen von Hilfspaketen aus der Luft für die notleidende Bevölkerung in Gaza. Aus ihrem Standort in der Normandie wurden zwei Hercules-Transportflugzeuge der deutsch-französischen Lufttransportstaffel nach Jordanien verlegt, um die Luftbrücke zu unterstützen . Die Flugzeuge der deutschen Bundeswehr sind mit französischen Fallschirmsystemen zum Abwurf der Hilfslieferungen bestückt. Die Besatzung ist deutsch-französisch. Beobachter vor Ort berichten von der Sorge, dass Teile der Hilfsgüter schon in Jordanien "versickern" würden.

Deutschland und Frankreich werfen Hilfsgüter über Gaza ab

Baerbock: "Ein Tropfen auf den heißen Stein"

Außenministerin Annalena Baerbock bezeichnete diese Hilfe aus der Luft bei ihrer jüngsten Nahost-Reise Anfang vergangener Woche als "Tropfen auf den heißen Stein". In Ägypten betonte sie, wie wichtig die Grenzübergänge auf dem Landweg für die Versorgung des Gazastreifens seien: "Ägypten spielt insbesondere bei der Bekämpfung des Hungers eine wahnsinnig wichtige Rolle, gerade aufgrund des Grenzübergangs in Rafah, wo der überwiegende Teil der Lebensmittel, die überhaupt reinkommen, derzeit reinkommen. Weil weitere Grenzübergänge von Israel eben nicht geöffnet sind oder nur bedingt geöffnet werden."

Seit Oktober 175 Millionen Euro an frischem Geld für Gaza

Auf der Website des Außenministeriums heißt es weiter, besonders im Norden des Küstenstreifens bleibe die humanitäre Lage katastrophal. Die Basisversorgung für die Zivilbevölkerung sei zusammengebrochen. Es fehle am Allernötigsten: an Lebensmitteln, an Wasser und an medizinischer Versorgung. Im Moment beträgt die deutsche Gesamthilfe für alle palästinensischen Gebiete, also nicht nur für den Gazastreifen, etwa 250 Millionen Euro. 175 Millionen Euro davon sind neue Gelder, die seit dem 7. Oktober 2023 bewilligt wurden.

Am Grenzübergang Kerem Schalom in Israel steht die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock vor einem LKW mit Hilfsgütern für den Gazastreifen.
Am Grenzübergang Kerem Shalom zwischen Israel und dem Gazastreifen fordert Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock, mehr Übergänge für Hilfsgüter zu öffnenBild: Christoph Soeder/dpa/picture alliance

Zahlungen für das UN-Hilfswerk sind ausgesetzt

Auf Eis gelegt sind seit Jahresanfang die deutschen Zahlungen für das UN-Hilfswerk für die palästinensischen Gebiete UNRWA.  Damals hatte die israelische Regierung Informationen veröffentlicht, wonach zwölf UNRWA-Mitarbeiter aus Gaza am Terrorangriff vom 7. Oktober beteiligt gewesen sein sollen. Die Hilfsorganisation entließ die Mitarbeiter. 16 Länder, darunter Deutschland, haben die Zahlungen an das Hilfswerk seitdem eingestellt. Auch der wichtigste Geldgeber, die USA, sind darunter. Aber vor einigen Wochen gab Deutschland bekannt, 45 Millionen Euro für die regionale Arbeit von UNRWA in Jordanien, Libanon, Syrien und im Westjordanland zur Verfügung zu stellen.

Auch Deutsche unter den Geiseln?

Unter den Geiseln, die nach wie vor von der Hamas im Gazastreifen festgehalten werden, sind nach Medienberichten um die 30 Menschen mit Bezug zu Deutschland, etwa Israelis, die auch einen deutschen Pass haben. Schon seit Monaten hält sich die Bundesregierung bei diesem Thema sehr bedeckt und spricht immer wieder von einer "niedrigen zweistelligen Anzahl von Personen mit Deutschlandbezug".

Gaza-Helfer: Situation "nicht in Worte zu fassen"