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Osterfreies Belgien

1. April 2010

Man erkennt die Unterschiede zwischen Ländern an Kleinigkeiten. DW-Korrespondent Christoph Hasselbach merkt diese nun besonders in der Osterzeit in Brüssel.

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Porträt Christoph Hasselbach Deutsche Welle-Korrespondent in Brüssel (Foto: DW)
Christoph Hasselbach erledigt den Ostereinkauf in Deutschland

Als Vater noch ziemlich kleiner Kinder muss ich zu Ostern immer an Wilhelm Busch und Max und Moritz denken: "In der schönen Osterzeit, wenn die frommen Bäckersleut' - viele süße Zuckersachen - backen und zurechtemachen, wünschten Max und Moritz auch - sich so etwas zum Gebrauch." Ich kann das längst auswendig.

Der heilige Karfreitag

Ein verziertes Ostereier mit einem Spruch liegt in der Ostereierausstellung im Spreewald-Museum im brandenburgischen Lübbenau (Foto: picture-alliance/dpa)
In Belgien untertrieben, in Deutschland vielleicht übertrieben: OsternBild: picture-alliance/ ZB

Aber zurück zu den Länderunterschieden. Es fängt schon mit den "frommen Bäckersleut'" an. Ich nehme an, die haben die vielen süßen Zuckersachen entweder schon Gründonnerstag, vielleicht auch Karsamstag zurechtgemacht, aber auf keinen Fall am Karfreitag. Und ihre Kunden hätten Karfreitag auch vor verschlossenen Türen gestanden: Karfreitag, so habe ich gelernt, ist einer höchsten, viele sagen der allerhöchste, christliche Feiertag. Denn ohne Karfreitag kein Ostern. In Belgien gehen die Kinder - und damit auch meine - zur Schule, die Geschäfte sind geöffnet. Kurz: Es ist ein ganz normaler Arbeitstag! Für mich nach wie vor unfassbar.

Keine belgischen Leckereien zu Ostern

Nun will ich die Parallelen zu Max und Moritz nicht übertreiben. Aber die vielen süßen Zuckersachen stehen für mich sinnbildlich für den in Deutschland sehr wichtigen Bereich: Ostereier, Osterhase, Osterzopf und so weiter. In einem großen Brüsseler Supermarkt fand ich noch vor wenigen Tagen kein einziges gefärbtes Ei, aber auch keine Eierfarben zum Selberfärben, keine Schokoladeneier, keine Pappeier, keine Schokoladenhasen, kein gar nichts.

Ich selbst hätte zwar mit dem Mangel notfalls leben können, aber unseren Kindern drohte zweifellos das Trauma ihres Lebens. Doch Rettung nahte in Form einer eintägigen Reise nach Deutschland, die ohnehin anstand - und zwar an einem Werktag. Ich bekam von meiner Frau eine lange Liste mit Ostereinkäufen. Und siehe da, im erstbesten Kaufhaus war eine ganze Großabteilung extra für alles Osterliche eingerichtet worden. Im Nu waren alle Sorgen vergessen, dem Kinderpsychologen konnte ich absagen.

Nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig

Zugegeben, mich stört es auch, wenn in Deutschland der Weihnachtsstollen schon Ende September in den Regalen auftaucht und die ersten Ostereier kurz nach Neujahr. Außerdem ging mir früher als konsumkritischem Bürger das ganze Getue auf die Nerven. Aber vollkommen ohne geht es nun auch wieder nicht. Ich werde mir im nächsten Jahr wieder kurz vor Ostern einen Tag in Deutschland vormerken.

Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Nicole Scherschun