Fundraising-Kultur im Wilden Osten
18. Juni 2011Eine Kultur der Philanthropie, die bürgerschaftliches Engagement fördert. Das ist eine Vision, die Carsten Lenk bewegt, wenn er von seinen Projekten spricht. Er ist bei der Robert-Bosch-Stiftung zuständig für Belarus, die Ukraine, den Südkaukasus und die Schwarzmeerregion. Dort betreut er Projekte, die den Dialog zwischen der Politik und der Bürgergesellschaft fördern sollen. Eines, was ihm besonders am Herzen liegt, ist dasTheodor-Heuss-Kolleg: Darin sollen junge Menschen in 25 Staaten dieser Region zu mehr gesellschaftlichem Engagement angeregt werden. Sie werden dabei unterstützt, ein Projekt ihrer Wahl zu realisieren – dabei kann es um ein Vorhaben im Bereich Umwelt gehen, um mehr Mitbestimmung an der Uni oder aber um die Betreuung älterer Menschen.
Geld für aktive Gesellschaft
Staatliche Unterstützung für diese Projekte gäbe es in diesen Ländern selten. Also müsse man neben den internationalen Stiftungen auch dort vor Ort die Entstehung einer Stiftungslandschaft fördern, so Lenk. Erste Erfolge zeigten sich bereits, so Lenk. Schließlich gäbe es in Ländern wie der Ukraine oder Russland ja durchaus reiche Menschen. Daher sei es auch ein Ziel, dort mehr Stiftungen entstehen zu lassen, die allerdings nicht nur Kirchendächer vergolden sollen, sondern Geld geben sollen für bürgergesellschaftliche Aktivitäten. Dass das nicht immer einfach ist, zeige das Beispiel Chodorkowski, führt Carsten Lenk aus. Dieser hatte selber mit der Open Russia Foundation eine entsprechende Stiftung gegründet. Wie dieser Fall geendet ist, sehe man nun nach den Prozessen.
Der Fall Chodorkowski
Während in manchen osteuropäischen Staaten eine sehr weit entwickelte Fundraising-Kultur besteht, stehen andere Länder noch am Anfang. In Ländern wie Russland, Ukraine oder dem Kaukasus, wo Carsten Lenk viel unterwegs ist, herrsche noch die Idee des Mäzenatentums vor: Dort tue der reiche Oligarch Gutes und das nicht immer nur selbstlos, sondern manchmal auch, um damit politische Interessen zu bemänteln.
Reiche Oligarchen
Man versuche, Missbrauchsfällen vorzubeugen, beschreibt Carsten Lenk. So gäbe es auf europäischer Ebene das European Foundation Center, in dem mittlerweile auch mehr und mehr osteuropäische Organisationen mit dabei seien. Dort werde offengelegt, wo das Geld herkomme und wie es ausgegeben werde. Denn Stiftungen, weiß Lenk auch aus Deutschland, sind immer wieder in der Vergangenheit genutzt worden, um Geld zu waschen. Natürlich gibt es innerhalb der Robert-Bosch-Stiftung auch ein internes Controlling. Vor Ort in den Ländern brauche man aber zudem gute Partner, die die Szene kennen und mögliche schwarze Schafe ausmachen könnten.
Akquisition von EU-Fördergeldern
Mit solchen Kontaktleuten arbeitet auch Heike Kraack-Tichy. Sie ist Geschäftsführerin von emcra, einem Unternehmen, das europäische Organisationen bei der Akquisition von EU-Fördergeldern berät. Erst kürzlich hätten sie jemanden gesucht, der eine Recherche in Moldawien, in der Ukraine und in Ungarn durchführt. Innerhalb von ein, zwei Tagen hätten sie wirklich zuverlässige Leute gefunden, die die Strukturen vor Ort kannten und kooperieren wollten.
Autor: Daphne Grathwohl
Redaktion: Arne Lichtenberg