Frankreich unter Strom
16. März 2002Ein ehrgeiziges Ziel, denn bislang herrscht nur in fünf der fünfzehn Mitgliedsstaaten ein freier Stromwettbewerb. Unter anderem auch in Deutschland. Doch auch nach dem Ende der Energiemonopole 1999 ist in Deutschland trotz 100-prozentiger Marktöffnung nicht alles eitel Sonnenschein. Nach wie vor tun sich die Neuen auf dem Strommarkt ohne eigene Netze schwer. Die Gebühren der Altanbieter für die Nutzung ihrer Netze sind nach Expertenmeinung einfach zu hoch.
Deutschland versus Frankreich
In Deutschland, Finnland, Großbritannien, Österreich und Schweden können die Privatkunden frei wählen. Für die französischen Verbraucher ist die freie Wahl eines Stromanbieters Wunschdenken. Frankreich hat ebenso wie Irland, Portugal und Griechenland seinen Strommarkt lediglich zu 30 Prozent freigegeben. Das ist exakt die Mindestmenge die die Europäische Union vorgibt. Gleichzeitig expandiert der französische Energieversorger EDF aber in die Nachbarländer.
Privilegien von Staats wegen
Die Expansion ist umso leichter, da der Konzern zuhause, dank schützender Hand der Regierung, satte Gewinne machen kann. Der größte europäische Stromkonzern beschäftigt 117.000 Mitarbeiter, die große Priviligien besitzen, so zum Beispiel eine lebenslange Arbeitsplatzgarantie. Und kurz vor der Wahl wagt kein französischer Politiker, dem Staatskonzern die Pfründe zu beschneiden.
Keine Vorteile für Privatkunden
Daher müssen Millionen von Verbrauchern in ganz Europa wohl noch Jahre warten, bis sie bei Strom und Gas die Wahl haben. Und auch beim Gipfel in Barcelona will die französische Regierung hart bleiben und die privaten Haushalte zunächst nicht berücksichtigen. Wettbwerb soll es nur bei den Großververbrauchern geben. Die Kleinen
hätten ohnehin von einer Freigabe nicht unbedingt Vorteile.
Hoffen auf die Zeit nach der Wahl
Bei fast allen EU-Partnern stößt diese Haltung auf Widerstand. Sie wissen aber um die Nöte der französischen Wahlkämpfer. Der belgische Finanzminister Didier Reynders hofft deshalb bereits auf den nächsten EU-Gipfel: Ende Juni in Sevilla werde das Problem einfacher anzupacken sein, glaubt Reynders. Dann sind die Wahlen in Frankreich entschieden.