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Lage auf Kos droht außer Kontrolle zu geraten

11. August 2015

Die Lage auf der griechischen Ferieninsel Kos spitzt sich angesichts der vielen Flüchtlinge dramatisch zu. Der Bürgermeister der Insel warnt: Die Gefahr eines Blutvergießens sei real.

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Kos: Ausschreitungen bei der Registrierung von Flüchtlingen (Foto: getty-images, AFP)
Bild: Getty Images/AFP/A. Tzortzinis

Die dramatischen Worte schrieb der Bürgermeister der Insel, Giorgos Kyritsis, in einem Brief an die Regierung in Athen. Der Brief wurde in der griechischen Presse veröffentlicht. Auf der 30.000-Einwohner-Insel seien mehr als 7000 Migranten angekommen. Man könne mit dem Problem nicht mehr fertig werden. "Ich warne davor, die Gefahr eines Blutvergießens ist real", erklärte der Bürgermeister.

Wie Reporter vor Ort berichteten, blockierten Migranten am Dienstagmorgen die Küstenpromenade des Hauptortes der Insel. Sie forderten lautstark Papiere, um die Insel zu verlassen und weiter nach Mitteleuropa zu reisen.

Zusammenstöße mit der Polizei

Im kleinen Stadion der Insel kam es nach Augenzeugenberichten zu Schlägereien zwischen Migranten. Zudem seien auch Polizisten angegriffen worden. Mehrere Polizisten setzten Schlagstöcke gegen die Migranten ein, während andere Beamte die Menge mit einem Feuerlöscher am Verlassen eines Fußballstadions zu hindern suchten, wie ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Demnach hatte die Polizei hunderte vorwiegend syrische und afghanische Flüchtlinge in das Stadion gebracht. Die Migranten hatten nach ihrer Überfahrt aus der Türkei teils mehrere Wochen an den Stränden und auf den Straßen der Insel übernachtet.

Kos: Ausschreitungen bei der Registrierung von Flüchtlingen (Foto: getty-images, AFP)
Bild: Getty Images/AFP/A. Tzortzinis

Aus Polizeikreisen hieß es, zu den "Spannungen" sei es gekommen, als die Flüchtlinge in eine Polizeiwache einzudringen versuchten, um sich dort registrieren zu lassen. Die Polizei wollte dagegen, dass die Registrierung im Stadion passiert.

Behörden sind völlig überfordert

Die Behörden der kleinen Ägäis-Insel nahe der türkischen Küste sind mit der hohen Zahl der Flüchtlinge überfordert. Hunderte Migranten kommen täglich von der wenige Seemeilen entfernten türkischen Küste. Hilfsorganisationen, der Staat und die Bevölkerung sind restlos überfordert. Ähnlich ist die Situation auf zahlreichen anderen Inseln im Osten der Ägäis.

Erst am Montag war ein Polizist suspendiert worden, der dabei gefilmt worden war, wie er einen Flüchtling ohrfeigte, der näher als erwünscht an die Polizeiwache herangekommen war.

Karte Griechenland Kos

Claudia Roth in Kos

"Für die Flüchtlinge ist die Unterbringung auf Kos gerade die Hölle auf Erden", sagte Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) nach Gesprächen mit örtlichen Verantwortlichen, Helfern und Flüchtlingen auf Kos. "Hier herrscht Chaos. Und die Spannungen werden immer größer. Roth war am Montag zu einem zweitägigen Besuch nach Kos gereist, um sich ein Bild von der Lage zu machen.

Roth beklagte, für die Flüchtlinge auf Kos gebe es keine Versorgung. "Es fehlt an allem", sagte sie. "Das ist eine Verweigerung von Erster Hilfe für die Flüchtlinge." Die Menschen bräuchten dringend Essen, Kleidung, Unterkünfte und eine medizinische Versorgung. Es gebe die fast kafkaeske Situation, dass verschiedene Stellen zuständig seien, aber der eine die Verantwortung zum anderen schiebe. Und die Hilfsorganisationen und ehrenamtlichen Helfer seien allmählich am Ende ihrer Kräfte.

Griechenland und EU gefordert

Flüchtlinge, die auf der Straße und in Parks campierten, würden von dort verscheucht und in ein kleines Stadion auf der Insel geschickt, schilderte Roth die Situation. Dort sei es barbarisch heiß. Es gebe nur zwei Toiletten für Hunderte Flüchtlinge. "Das ist unmenschlich", sagte sie. "Ich habe so etwas noch nie gesehen." Die Lage sei wirklich dramatisch. "So kann es nicht weitergehen."

Kos: Ausschreitungen bei der Registrierung von Flüchtlingen (Foto: getty-images, AFP)
Bild: Getty Images/AFP/A. Tzortzinis

Roth appellierte an die Regierung in Athen, sich endlich um eine Versorgung der schutzsuchenden Menschen zu kümmern. "Die Tragik ist, dass zwei Krisen zusammenkommen", sagte die Grünen-Politikerin. Die griechische Regierung müsse aber trotz der Finanzkrise dringend handeln. Auch Europa müsse helfen. Aber ebenso sei die kommunale Ebene gefragt.

Ministerpräsident Alexis Tsipras hatte vergangene Woche die EU zu Hilfe gerufen, da sein Land überfordert sei. Nach UN-Angaben trafen seit Jahresbeginn knapp 124.000 Flüchtlinge in Griechenland ein.

chr/kle (dpa, afp)