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Ex-General kämpft für Bildung in Bosnien-Herzegowina

6. November 2008

Seit Kriegszeiten setzt sich in Sarajewo ein Verein für die Bildung von Jugendlichen ein. Gründer ist ein serbischer Ex-General.

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Divjak setzt auf BildungBild: DW

Jeder, der die Räumlichkeiten des Vereins von Jovan Divjak in Sarajewo besucht, wird wie ein Familienmitglied empfangen. Als Divjak im Kriegsjahr 1994 den Verein „Bildung baut Bosnien-Herzegowina auf“ gründete, ahnte er selbst wohl kaum, was für eine respektable Stiftung daraus werden würde.

Der geborene Belgrader und pensionierte General Jovan Divjak kämpfte auf Seiten der muslimischen Kräfte in der Armee von Bosnien-Herzegowina. In Sarajewo erlebte er die Belagerung durch die bosnischen Serben. Die Streitkräfte von Radovan Karadzic erklärten ihn zum Verräter und Kriegsverbrecher. In Sarajewo kursierten Gerüchte, er sei ein serbischer Spion. Schließlich war er auch für diejenigen, die ihn in den Dienst aufgenommen hatten, nicht mehr tragbar. Divjak wurde 1997 pensioniert. Danach engagierte sich der serbische Ex-General stark in der humanitären Arbeit.

Desolate Lage im Schulwesen

Heute ist Jovan Divjak eine wahre Legende in Sarajewo. Man trifft ihn bei Konzerten, Ausstellungen oder Rundtisch-Diskussionen, bei denen er über Bildung, Zivilgesellschaft oder Demokratie spricht. Der 70-jährige ist sehr aktiv, reist viel durch die Welt und trifft zahlreiche Menschen, mit denen er fast immer über und für Jugendliche spricht.

„Das Bildungssystem in Bosnien-Herzegowina ist jetzt in einer schlechteren Lage als im 19. Jahrhundert“, meint Divjak. Es gebe drei Curricula in den beiden Entitäten des Landes, dazu zehn verschiedene Bildungssysteme auf kantonaler Ebene. Die Schulen seien geteilt nach ethnischer Zugehörigkeit. „Segregation, Assimilation und Apartheid spiegeln die aktuelle düstere Situation im Bildungssystem wider“, sagt Divjak.

Zahlreiche Auszeichnungen

Für seine humanitäre Tätigkeit hat er in Sarajewo eine hohe Auszeichnung erhalten. Er ist der erste Staatsbürger von Bosnien-Herzegowina, der von der französischen Ehrenlegion ausgezeichnet wurde. Dieses Jahr ist er Preisträger der Gesellschaft für bedrohte Völker. Damit wird auch sein Engagement im Verein Bildung baut Bosnien-Herzegowina auf gewürdigt. „Die Auszeichnungen sind zwar wichtig, aber für mich ist wichtiger und wertvoller, dass die Bürger von Sarajewo, Mostar, Tuzla, Zenica und Bihac mir danken für das, was ich im Krieg tat und was ich im Frieden tue“, sagt Divjak bescheiden.

Stipendien für Jugendliche

Und er hat viel getan. In den fast 15 Jahren des Bestehens von Bildung baut Bosnien-Herzegowina auf erhielten 3.000 Jugendliche Stipendien, zweimal wurden 30.000 Neujahrspakete verteilt und rund 1.800 Stipendiaten in den Sommerferien in 15 europäische Länder und nach Kanada geschickt. Geldgeber sind private Spender, Institutionen aus Bosnien-Herzegowina und dem Ausland, Nichtregierungsorganisationen, der Stadtrat von Sarajewo sowie das Bildungsministerium der Föderation Bosnien und Herzegowina.

Vorrangig aber ist der Verein gegründet worden, um Jugendlichen zu helfen, die durch den Krieg zu Halb- oder Vollwaisen wurden. Heute unterstützt er auch behinderte Jugendliche und Angehörige der Roma-Minderheit.

Auch nach ihrem Studium bleiben die Studenten mit dem Verein eng verbunden. Wenn sie in Lohn und Brot stehen, halten es viele für das Mindeste, den Verein finanziell zu unterstützen. Auf diese Weise üben sie Solidarität mit nachfolgenden Generationen.

Ljiljana Pirolic