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Duisburger Hafen will der Krise trotzen

Carsten Grün
9. Juni 2020

Die Corona-Pandemie ist für Hafenbetreiber eine echte Herausforderung: Gerissene Lieferketten und der Druck, die Versorgung zu gewährleisten, lasten auf der Branche. Ein Besuch in Duisburg, Europas größtem Binnenhafen.

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Duisburg18055159Duisport Luftbild
Bild: www.blossey.eu

Auf den ersten Blick scheint alles normal zu sein: Die Kräne arbeiten, Binnenschiffe, oft aus den Niederlanden, liegen in den zahlreichen Hafenbecken. Von Krise auf den ersten Blick keine Spur im Duisburger Hafen. Doch im Hintergrund arbeitet der Hafenbetreiber Duisport mit großem Aufwand daran, die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie abzufedern. "Seit Beginn der Krise ist es unser Ziel, den Einbruch bestehender Lieferketten zu vermeiden. Das ist uns, Stand heute, bisher gut gelungen. Die zentrale Logistikdrehscheibe Europas funktioniert auch in Krisenzeiten", erklärt Erich Staake, Vorstandsvorsitzender der Duisport-Gruppe.

Mehr Züge aus China

Als positives Zeichen sieht Staake, dass sich der Zugverkehr auf der sogenannten "Neuen Seidenstraße", also der China-Route, wieder zu entspannen scheint. "Der Warenverkehr mit China ist auf der Schiene im Monat April bereits auf ein Rekordniveau angestiegen." Der Duisburger Hafen habe im vergangenen Monat einen Anstieg auf rund 50 Züge in der Woche registriert. "Im Mai waren es im Schnitt sogar 56 Züge."

Erich Staake, Chef des Duisburger Hafenbetreibers Duisport
Erich Staake, Chef des Duisburger Hafenbetreibers DuisportBild: Frank Reinhold

Der Grund dafür: Duisport hat sein Netzwerk ausgebaut. Durch zusätzliche neue Destinationen in China hat sich das Unternehmen breiter aufgestellt. Für die Chinesen ist Duisburg aufgrund seiner Lage interessant. Der Standort gilt als der bevorzugte Zielpunkt für den chinesischen Güterverkehr auf der Schiene in Europa. Von hier können Waren zügig weiter zum Endkunden transportiert werden. Ein dichtes Autobahnnetz und die Nähe zahlreicher Seehäfen in Europa sind für Duisburg Gold wert.

Europaverkehr betroffen

Dennoch musste auch Staake Rückgänge beim Geschäft verbuchen. "Insgesamt gingen die Warenumschläge deutlich zurück. Die großen Seehäfen in Europa haben im ersten Quartal Einbußen zwischen fünf und zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bei uns ist es zum Glück nicht ganz so viel." Vor allem bei den Kontinentalverkehren, etwa Zügen nach Italien, habe es Einbrüche gegeben. Das Konsumgütergeschäft hingegen laufe ganz ordentlich. "Bei Industriegütern wie Autoteilen, Maschinen und Chemieerzeugnisse allerdings ist es im Moment schwierig."

Schiffe liegen im Duisburger Hafen
Wirkt beschaulich, täuscht aber: Im Duisburger Hafen herrscht reges TreibenBild: DW/Carsten Grün

Aber auch Güter für die Stahlindustrie, wie Kohle, Stahl und Erz sind stark betroffen. "Der kombinierte Verkehr transportiert im sogenannten Hinterlandverkehr Güter unter anderem für den Einzelhandel und die Automobilindustrie, diese Mengen sind in den letzten Monaten zum Teil weggefallen", erklärt Achim Klukas vom Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik in Dortmund. "Die Produktionsrückgänge in der Automobilindustrie haben sich entsprechend auch auf die Stahlindustrie ausgewirkt, so dass die Ressourcen nicht benötigt und Produkte nicht über die Häfen verschickt worden sind."

Lieferketten haben gehalten

Das bestätigt auch Professor Jan Ninnemann von der Hamburg Business School of Administration, HSBA . Er beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit maritimen Logistikketten. Die Automobilindustrie als eine der Schlüsselindustrien in Deutschland habe erheblich mit den Folgen der Pandemie zu kämpfen. Aufgrund der zeitweisen Produktionspausen ergäben sich Rückwirkungen auf weitere Branchen wie die Metallverarbeitung, den Containerverkehr sowie den Transport von Neufahrzeugen. "Weiterhin zeigen sich Rückwirkungen im Bereich der chemischen Industrie, da der Nachschub an bestimmten Grundstoffen aus China oder Indien teilweise zum Erliegen gekommen war."

Logistikexperte Prof. Dr. Jan Ninnemann
Logistikexperte Prof. Dr. Jan NinnemannBild: Privat

Dennoch stellte sich die Angst, die Bevölkerung nicht mehr angemessen versorgen zu können, bislang als unbegründet heraus. "Wir konnten die Lieferketten in der Region aufrechterhalten. Die Einschränkungen insbesondere für unsere Mitarbeiter an den Terminals sind zwar einschneidend, trotzdem hat bisher alles ohne Probleme funktioniert. Hoffen wir, dass unsere Schutzmaßnahmen weiterhin so gut befolgt und beachtet werden wie bisher. Wir haben niedrige Krankenstände", sagt Duisport-Vorstandschef Staake.

Binnenschiff auf dem Rhein-Herne-Kanal
Über die Kanäle im Ruhrgebiet gut verbunden: Binnenschiff auf dem Rhein-Herne-KanalBild: DW/Carsten Grün

Dem stimmt Achim Klukas zu: "Die Versorgungsicherheit ist gewährleistet, die Häfen und Terminals haben sich rechtzeitig mit Konzepten zur Einhaltung der Sicherheits- und Hygieneanforderungen beschäftigt, auch sind die Grenzen für den Gütertransport nicht geschlossen worden."

Perspektiven sind unklar

Wie lange es dauern wird, bis die Folgen der Krise überwunden sind, dazu kann Erich Staake noch nichts sagen. Auch nichts zu den Arbeitsplätzen: "Das ist zum derzeitigen Zeitpunkt nicht seriös zu prognostizieren." Insgesamt hängen mittlerweile fast rund 50.000 Arbeitsplätze in der Region vom Duisburger Hafen ab. "Die meisten dieser Jobs sind in den vergangenen zwanzig Jahren im Zuge der Globalisierung und des rasanten Wachstums der Logistikwirtschaft hier am Standort entstanden." Viele der Beschäftigten seien echte "Logistikprofis" mit hohem Ausbildungsniveau und großer Erfahrung. "Ich glaube, dass die meisten Arbeitgeber ein großes Interesse daran haben, gute Leute an ihre Unternehmen zu binden."

Wirtschaftsforscher Jan Ninnemann verweist hingegen auf den heftigen Abschwung, mit dem Deutschland nun zu kämpfen hat. "Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass es kurzfristig Nachholeffekte geben wird, allerdings dürfte die sich abzeichnende Rezession dafür sorgen, dass sich der Bedarf an Konsumgütern sowie Halb- und Fertigerzeugnissen auch mittelfristig unterhalb des Vorkrisen-Niveaus bewegen dürfte."