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Europa Interview

Mirjam Stöckel13. Juli 2007

Erbschaftssteuern in der EU: Richtig kompliziert ist ein Vermächtnis, wenn über Grenzen hinweg vererbt wird: wenn einem der´Onkel das Vermögen auf dem Luxemburger Konto vermacht - oder die Großtante ihr Haus in Spanien.

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Bild: EU

Etwa 50.000 bis 100.000 Mal passiert das jedes Jahr in Europa, schätzt die EU-Kommission. Immer wieder gibt es dabei Probleme. Damit sich das ändert, will sie eine neue EU-Regelung einführen. Wie die aussehen soll, wird derzeit auch im EU-Parlament diskutiert. Mirjam Stöckel hat mit dem Abgeordneten Kurt Lechner darüber gesprochen. Er ist Fachmann der deutschen CDU-Fraktion für das Thema "Grenzenlos Erben in Europa".

Herr Lechner, erben und vererben - ist das heute in Europa überall gleich geregelt?

Nein, das ist ganz unterschiedlich. Etwa, ob es einen Pflichtteil gibt. In Großbritannien gibt es kein Pflichtteilsrecht. Wie groß die Erbquote eines Ehepartners ist, wie es mit den Kindern ist, was der Pflichtteil überhaupt ist – das ist überall anders geregelt.

Und beim Erben über Grenzen hinweg – funktioniert das?

Nehmen Sie an, ein deutscher Staatsbürger arbeitet in London, ist dort verheiratet mit einer Britin oder auch einer Deutschen, spielt gar keine Rolle. Er hat zu Hause Vermögen von seinen Eltern her noch in Deutschland, er hat in Großbritannien eine Wohnung und wenn er noch ein Ferienhaus in Frankreich hat, wenn er sehr wohlhabend ist, und er stirbt, dann sagen die Briten: er wird nach britischem Recht beerbt, weil Großbritannien sein letzter Wohnsitz war. Die Deutschen sagen: er wird nach deutschem Recht beerbt, weil er deutscher Staatsbürger ist. Und die Franzosen sagen: für das Ferienhaus in Frankreich gilt in jedem Fall französisches Recht, denn der Grundbesitz liegt in Frankreich.

Das Problem scheint ja auf der Hand zu liegen. Warum gibt es da nicht längst schon eine europäische Regelung?

Bis 1999 hatte die Europäische Union dazu überhaupt keine Zuständigkeit und keine Kompetenz – gar nichts. Aber es gibt natürlich Abkommen dazu – multilaterale, bilaterale, mit denen man versucht, dieses Problems Herr zu werden. Es gibt das internationale Privatrecht, aber das ist eben nicht vollständig deckungsgleich, sondern es gibt erhebliche Zwistigkeiten, und das ist jetzt der Versuch, auf diesem Gebiet durch eine europäische Verordnung für den Bereich der Europäischen Union ein einheitliches Recht zu schaffen.

Und wie soll das ganz konkret aussehen Ihrer Meinung nach?

Ich will mal hinten anfangen und sagen, was meines Erachtens ganz wichtig und richtig wäre und ist: dass man den Menschen ein Wahlrecht zubilligt. Das heißt, dass der Erblasser wählen kann, nach welchem Recht er beerbt wird. Natürlich nicht beliebig. Er wird nicht einfach sagen können, ich will nach dem Recht von Honduras beerbt werden, sondern dass er wählen kann zwischen seiner Staatsangehörigkeit, zwischen seinem letzten Wohnsitz oder dem Wohnsitz zur Zeit der Errichtung des Testamentes. Da geht’s schon los mit den Detailproblemen.

Und was würden Sie ansonsten noch an weiteren Veränderung fordern?

Dass die gerichtliche Zuständigkeit geregelt wird. Mutmaßlich läuft das darauf hinaus, dass man sagt, das Gericht an seinem letzten Wohnsitz. Vielleicht kann man auch das dem Wahlrecht des Erblassers am Ende überlassen. Und dass dann dieses Gericht, dass dessen Entscheidung darüber, wohlgemerkt, welches Erbrecht Anwendung findet und dann wie die Erbfolge ist, dass das dann verbindlich ist.