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Europa Interview

Mirjam Stöckel25. Mai 2007

27 EU-Staaten - 27 Nichtrauchergesetze: Denn in der Gesundheitspolitik kann die EU keine verbindlichen Rahmengesetze vorgeben, die ist Sache der Mitgliedsländer. Trotzdem versucht Brüssel die Nichtraucher zu schützen.

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Bild: European Communities

Im EU-Parlament macht sich der CDU-Abgeordnete Karl-Heinz Florenz gegen die Tabak-Lobby stark – und er bereitet zurzeit eine Stellungnahme zu den Anti-Rauch-Plänen der Kommission vor. Mirjam Stöckel hat mit ihm gesprochen.

DW: Herr Florenz, was sagen Sie eigentlich, wenn Ihnen jemand eine Zigarette anbietet? Karl Heinz Florenz: Nein danke, ich habe schlicht keinen Spaß dran.

Und ist Tabak damit generell für Sie tabu?
Also ich habe früher mal Zigarren geraucht, das mache ich aber seit drei Jahren nicht mehr. Aber ich will überhaupt nicht ausschließen, dass wenn wir nächste Bundestagswahl gewinnen ich mal wieder vor lauter Freude ein Zigarre rauche.

Wo Sie ja heute sehr Rücksicht nehmen auf Ihre Lunge – in welchem Land Europas würden Sie als Nichtraucher denn im Augenblick am liebsten leben?
Ich gehe nicht so weit, dass ich wegen der Raucherei mein Land verlassen würde. Ich bin da ganz eindeutiger Patriot. Aber es gibt Länder, die sind da mutiger. Und wir wissen zum Beispiel aus Irland über lange Jahre und aus Italien seit ein, zwei Jahren, dass da sehr ordentliche Ergebnisse zu Tage getreten sind. Das Niveau in den Kneipen hat sich geändert. Es gehen viel mehr Kinder und gesamte Familien zu Tisch und essen. Also wir haben gute
Erfahrungen, langfristige und kurzfristige. Warum soll man die nicht zum Wohle
der Gesundheit übernehmen oder zumindest vergleichbar übernehmen?

Und in welchem EU-Land würden Sie mit Rücksicht auf Ihre Lunge keinen Urlaub machen wollen?
Also ich denke mir, dass, was den Passivraucherschutz angeht wir in Deutschland eher am hinteren Ende sind. Und so müsste ich dann in Deutschland auf meinen Urlaub verzichten. Aber das werde ich auch nicht tun. Die paar Wochen, die wir haben, bleibe ich auch in Deutschland.

Warum ist Deutschland denn nicht schon längst weiter in dieser Frage?
Ich denke mir, dass es gelungen ist der Tabakindustrie gelungen ist, doch einen gewissen Einfluss auf die Bevölkerung auszuüben. Die neueste Werbung, die ich gesehen habe, suggeriert, dass Rauchen sexy ist. Mag ja sein. Aber ich würde mit solchen Mitteln keine Werbung machen, weil sie die Menschen ins Grab bringt. Und dass eine Gesellschaft das dann akzeptiert, das erstaunt mich schon.

Die Werbung für Tabak ist das Eine. Aber hat nicht auch die deutsche Politik in der Vergangenheit zu wenig getan? Hätte man nicht mehr gesetzlichen Schutz durchsetzen müssen?
Die Politik ist ja im Moment dabei, im Bund die rauchfreie Zone in Gaststätten, also die rauchfreie Gaststätte zu entwickeln. Ich will hoffen, dass der Bund über die Bundesländer eine Lösung findet. Mir wäre eine nationale Lösung in dieser Frage viel, viel lieber als eine europäische.

Vor kurzem hat die EU-Kommission die Debatte über den Nichtraucherschutz in Europa mit Vorschlägen in einem Grünbuch wieder angestoßen. Darin deutet sie an, dass sie im Notfall die rauchfreien Gaststätten EU-weit über einen Umweg, quasi durch die Hintertür einführen könnte. Wie kann das gehen?
Dazu müsste man erwähnen, dass die Gesundheitspolitik im Generellen eine nationale Aufgabe ist. Und ich glaube, das ist richtig so. Und deswegen können wir aus gesundheitlichen Gründen da nicht eingreifen. Aber wir können aus der Perspektive des Arbeitsschutzes der Mitarbeiter können wir eingreifen, indem wir sagen: Die Mitarbeiter haben freie Mobilität in Europa, also müssen auch die Standards gleich sein am Arbeitsplatz.Ich will nicht bestreiten, dass das eine gewissen heiße Nadel ist, mit der man da Gesetzgebung betreibt. Und deswegen lehne ich das eigentlich ab. Ich würde gerne sehen, dass die Mitgliedsländer – es ist ja nicht nur Deutschland – der Europäischen Kommission ein Schnippchen schlagen und ihr keine Gelegenheit geben, europäische Gesetzgebung in diesem Bereich zu entwickeln, weil sie es eben selbst machen.

Im EU-Parlament hat seit Anfang des Jahres ein Rauchverbot gegolten. Aber die Parlamentarier haben das nicht mal zwei Monate durchgehalten. Jetzt darf man in speziellen Raucherkammern wieder rauchen. Eigentlich ist das ein schlechtes Signal nach außen.
Ja, das ist als wenn man als Vater raucht und den Kindern das Rauchen verbietet. Ich höre, dass Abgeordnete für sich in Anspruch nehmen, eine gewisse Immunität zu haben und deswegen dürften sie auch in ihren Zimmern rauchen. So ein Unsinn! Und noch verrückter ist, dass die weisen Herren Quästoren, die das ja entschieden haben, bei der Frage für weitere Gymnastikräume nein gesagt haben, aber bereit sind, für die Raucher hier ein paar Hunderttausend Euro zu investieren, um Raucherräume einzurichten. Also dümmer kann man es nicht machen. Aber das Parlament ist auch ein Querschnitt unserer Gesellschaft und deswegen ist die Entscheidung so gekommen.