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Europa Interview

Interview: Mirjam Stöckel18. Mai 2007

Zu unserem Schwerpunkt-Thema der Woche befragen wir Abgeordnete des Europäischen Parlaments. Diesmal: Lissy Gröner (SPE) zu den Fortschritten im Bologna-Prozess.

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Bild: European Communities

In dieser Woche hat die EU-Bildungsminister-Konferenz über ihr Ziel diskutiert, bis 2010 einen einheitlichen europäischen Hochschulraum zu schaffen. Bekannt ist dieser ehrgeizige Plan unter dem Namen "Bologna-Prozess", weil er 1999 dort bei einer Ministerkonferenz beschlossen wurden. Studienleistungen aus einem europäischen Land sollen auch in anderen Staaten anerkannt werden. Außerdem soll überall das zweistufige Bachelor- und Mastersystem eingeführt werden. Doch die Umsetzung dieser Ziele geht eher schleppend voran. Im Moment liegt nur ein gutes Drittel der EU-Staaten im Zeitplan.

Lissy Gröner sitzt seit 1989 für die Sozialdemokraten im Europaparlament und im Ausschuss für Jugend und Bildung. Meine Kollegin Mirjam Stöckel hat sie in Brüssel getroffen, und als erstes gefragt, woran hapert es noch beim "Bologna"-Prozess?

"Es muss weg von den Appellen zu konkreten Maßnahmen kommen. Und dann muss man auch Druck auf die Bundesreiguerung ausüben. Dass man die Bildungspolitik nicht zu sehr auf die Länder verlagern kann. Sondern da muss man europäische und nicht nationale, kleinstaaterische Lösungen finden. Daran hapert es in Deutschland. Und in Europa braucht man die Finanzminister. Dass da auch mehr Finanzmittel in die europäische Zusammenarbeit im Bildungsbereich fließen."

Im Bologna-Prozess soll ja bis 2010 ein einheitlicher Hochschulraum entstehen. Jetzt klingt bei Ihnen schon einige Kritik durch. Halten sie es für realistisch, dass man dieses Ziel noch erreicht?

"Das ist immer die Frage des politischen Willens. Und wenn es zur Chefsache gemacht wird, dann ist so ein Ziel auch erreichbar. Bisher sehe ich aber da noch nicht so große Begeisterung. Der Leidensdruck muss da wahrscheinlich noch größer werden. Und ich denke, es ist eine strategische Frage, wie Europa sich positioniert. Ob wir wirklich da unsere Zukunft sehen – auf der Zusammenarbeit, auf der wissensbasierten Gesellschaft. Und dann kann es nicht von alleine passieren, dann müssen die Mitgliedsländer auch bereit sein, zu investieren und auch Manpower hineinzugeben. Auch das wirklich anzusiedeln auf der höchsten Ebene und nicht so unter ferner liefen laufen zu lassen."

Stichwort Studieren im Ausland: Vielen Europäern fehlt ja ein gemeinsames Wir-Gefühl. Kann sich mit einem Auslandsstudium eine europäische Identität entwickeln?

"Doch, ich glaube das. Und ich glaube auch, dass sich dadurch die Wettbewerbsfähigkeit des Einzelnen sehr erhöhen wird. Denn um die Arbeitsplätze wird natürlich auch mehr Konkurrenz entstehen. Und es ist gerade auch für den akademischen Nachwuchs entscheidend wichtig: Wenn man europäische Erfahrung hat, hat man einfach die bessere Chancen hinterher, den Job zu bekommen."

Und was bringt es Ihrer Meinung nach für die Europäische Union als Staatenbund, wenn die Grenzen zwischen den Unis fallen?

"Ich glaube, man kann sehr profitieren, wenn man einen einheitlicheren Raum schafft und innerhalb der EU in Wettbewerb tritt. Durchaus Aber durch eine enge Kooperation der Hochschulen, die punktuell vorhanden ist – wenn die ausgebaut wird, dass man sich da wirklich die Weltmarktführerschaft zurückerobern kann, die langsam verloren geht."

Frau Gröner, ich danke Ihnen ganz herzlich für das Gespräch.

"Bitte!"