1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Europa Hautnah

Petra Lambeck, Deutsche Welle2. Februar 2007

Spanien galt lange Zeit als Auswanderungsland. Von der Kolonialzeit bis ins 20. Jahrhundert hinein verließen Hunderttausende ihre Heimat. Inzwischen ist das anders.

https://p.dw.com/p/9naw
Bild: AP

Inzwischen ist Spanien selbst Ziel vieler Migranten. Doch ihr Glück finden in der Regel nur diejenigen, die Papiere bekommen - und das ist schwierig. Die Organisation "Karibu" in Madrid hilft Menschen aus dem mittleren und südlichen Afrika, um in Spanien Fuß zu fassen.

Der Raum sieht ein bisschen aus wie ein Wartezimmer beim Arzt. Er ist länglich und an den Seiten stehen Stühle, auf denen Menschen sitzen und warten, dass sie an die Reihe kommen. Sie stammen aus Senegal, Ghana oder Nigeria und wollen sich hier bei "Karibu" einschreiben. Die meisten von ihnen sind noch nicht lange in Madrid, sprechen kein Spanisch und haben weder Papiere noch Arbeit.

Zustrom in den 90er-Jahren

Der Name "Karibu" ist Kisuaheli und bedeutet "Willkommen" - und dies ist auch die Philosophie der Organisation. Ihr Gründer, Pater Antonio Díaz de Freijo, hat viele Jahre in Afrika gearbeitet. Mitte der 1980er Jahre kehrte er nach Spanien zurück und nahm Kontakt mit afrikanischen Migranten auf: "Damals sah man in Spanien nur wenige Afrikaner auf der Straße. Nach einiger Zeit waren wir eine Gruppe, die sich mehrmals pro Woche traf. Wir tauschten uns aus und feierten auch Feste zusammen. Als die Zahl der Migranten in Spanien Anfang der 90er Jahre immer mehr zunahm und das Problem auch in der spanischen Gesellschaft sichtbar wurde, beschlossen wir, unsere Arbeit offizieller zu gestalten."

1991 gründeten sie einen Verein, der 1995 schließlich als gemeinnützige Organisation anerkannt wurde. Wer hier hinkommt, der kann Essen, Kleidung und medizinische Versorgung bekommen. Außerdem unterstützt "Karibu" die Migranten bei juristischen Problemen, hilft bei der Arbeitssuche und beim Spanischlernen. Die Gelder hierfür kommen zum Teil vom Staat, weit über die Hälfte aber sind private Spenden.

Ein kleines Stück Heimat in der Fremde

Fast jeder der rund 100 Mitarbeiter arbeitet ehrenamtlich. Manche von ihnen sind selbst Migranten, so wie Babacar Sylla. Er ist dreimal die Woche hier. Er kommt aus Senegal und lebt seit mehr als zwei Jahren in Madrid. In seiner Heimat hat er Marketing und Kommunikation studiert und wollte hier seinen Master machen. Doch ohne Papiere ist das nicht möglich. Und auch arbeiten ist schwierig: "Ich habe alles Mögliche gemacht. Ich habe angefangen, für ein Geschäft die Waren ein- und auszuladen. Anschließend war ich auf Baustellen. Das ist alles, was ich in meiner Situation finden konnte."

Karibu ist für ihn ein kleines Stück Heimat, in der er seine Muttersprache Wolof sprechen kann. Außerdem kann er hier seine Erfahrungen an Neuankömmlinge weitergeben, die meist noch sehr ängstlich sind. "Am Anfang wollen sie nicht einmal ihre wirkliche Identität preisgeben. Sie sagen zum Beispiel, sie kommen aus der Elfenbeinküste, sprechen aber Wolof. Und das spricht man nur im Senegal. Ich sage dann, dass wir ihnen hier helfen wollen und keine Probleme bereiten werden. Und wenn ich Wolof mit ihnen spreche, haben sie meistens sofort Vertrauen und erzählen mir alles."

Karibu kann bei vielem helfen, aber nicht bei allem

Nicht weit entfernt vom Hauptbüro ist das "Zentrum für die Förderung der Frau" von "Karibu", el Centro de la Promoción de la Mujer. Hier werden Spanisch-Kurse für die afrikanischen Migrantinnen angeboten, sowie Näh- und Kochkurse oder Anleitungen zur Altenpflege. Außerdem ist das Zentrum Anlaufstelle bei jeglichen Sorgen.

"Was wir wollen ist, dass diese Mädchen nicht dem Leben entfliehen, nicht auf der Straße landen, sondern dass sie ihre Würde behalten, auch wenn sie kein Geld und keine Arbeit haben. Dass sie zumindest wissen, dass es Leute gibt, die ihnen helfen und sie unterstützen", sagt Nicole Ndongala, die Leiterin des Frauenzentrums und eine der wenigen Festangestellten der Organisation. Vor mehr als acht Jahren verließ sie ihre Heimat, die Demokratische Republik Kongo, weil sie dort keine Zukunft für sich sah.

Ähnlich wie Babacar traf die heute 32-Jährige kurz nach ihrer Ankunft in Madrid auf "Karibu". Inzwischen hat sie es geschafft, Papiere zu bekommen. Jetzt kann sie legal arbeiten. Ein Zustand, den sie allen Migranten wünscht, doch der nicht einfach zu erreichen ist, auch nicht mit Karibus Hilfe: "Karibu ist da, um zu helfen wo es geht. Aber Karibu hat auch keine unendlichen Möglichkeiten. Wir können den Menschen helfen, sich zu integrieren, sich zu orientieren und dann öffnet sich ein bisschen der Weg. Aber wenn die Regierung den Leuten keine Papiere gibt, damit sie arbeiten können, dann kann Karibu nichts machen."