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Europäer kaufen Immobilien in Albanien

Lindita Arapi 12. Juli 2016

Abenteuerlust oder clevere Investition? Viele Ost- und Westeuropäer interessieren sich für Ferienwohnungen in Albanien - nicht nur wegen der niedrigen Preise. Lindita Arapi hat mit einigen von ihnen gesprochen.

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Die Terasse einer Ferienwohnung in der albanischen Küstenstadt Saranda (Foto: Albanian Property Group)
Bild: Albanian Property Group

Albanien galt lange als weißer Fleck Europas. Ausländern, die dort Urlaub machten, wurde nicht selten eine gewisse Prise Abenteuerlust und Verrücktheit nachgesagt. Heute entscheiden sich viele West- und Osteuropäer für ein noch größeres "Abenteuer": Sie kaufen Immobilien an der albanischen Adria und am Ionischen Meer. Svein Augland ist einer dieser neuen Bewohner des Landes und hat im vergangenen Jahr eine Wohnung in Saranda gekauft.

"Ich wusste nur, dass Albanien ein kommunistisches Land war und hatte von furchterregenden Mafia-Geschichten gehört. Meine Frau hat mich auf das Land aufmerksam gemacht, und so hat die Reise begonnen", erinnert sich der Norweger. "Mein erster Eindruck vom Land: Ein wunderbares Klima, wenig Touristen, nette Menschen und sehr gesundes Essen. Vor allem ist es aber wichtig, dass Albanien von Norwegen aus leichter zu erreichen ist, denn wir hatten früher ein Haus in Brasilien." Albanien erinnere ihn an Griechenland oder Italien und sei im Vergleich zu diesen beliebten Reisezielen im Süden noch gewissermaßen "unberührt".

Mehr britische Käufer nach Brexit-Referendum

Neben Norwegern wie Svein Augland kaufen auch Schweden, Dänen, Franzosen und Polen Ferienwohnungen in Albanien. Im vergangenen Jahr haben auch Ukrainer begonnen, das Balkan-Land zu entdecken. Genaue Zahlen würden noch nicht vorliegen, doch man gehe von bis zu 400 ausländischen Käufern aus, sagt der Leiter der Immobilienagentur "Albanian Property Group", Ilir Konomi. "Die Käufer aus Westeuropa unterscheiden sich grundsätzlich von denen aus dem Osten. Während die Norweger gern ein großzügiges Appartement kaufen, achten die Ukrainer sehr auf einen günstigen Preis", fügt Konomi hinzu. "Im Moment beobachten wir ein großes Interesse der britischen Kunden. Ich kann bestätigen, dass nach dem Brexit-Referendum die Anfragen an uns in diesen Tagen um 15 Prozent gestiegen sind."

Der Strand in der albanischen Stadt Saranda (Foto: Albanian Property Group)
Der Strand in SarandaBild: Albanian Property Group

Der Immobilienmarkt an der albanischen Riviera scheint auch vom jährlichen Zuwachs der Touristenzahlen zu profitieren. Neben Hunderttausenden von Kosovaren, die ihren Sommerurlaub in Albanien verbringen, kamen nach Angaben des albanischen Zolls allein im Sommer 2015 mehr als 620.000 weitere ausländische Touristen ins Land. Für ein Land mit weniger als drei Millionen Einwohnern sind diese Zahlen sehr hoch. Dass das Balkan-Land immer mehr Touristen anzieht, sei eine gute Nachricht für den Immobilienmarkt, sagt Konomi: "Denn wir haben es hier hauptsächlich mit Käufern zu tun, die sich für Wohnungen an der Küste interessieren. Es gab viele, die zuerst als Touristen gekommen sind, und sich dann später entschieden haben, etwas zu kaufen."

"Bis jetzt nichts von Kriminalität mitbekommen"

Dieses Potenzial stimmt Ilir Konomi optimistisch. Albanien werde bekannter und sei mittlerweile auf großen internationalen Urlaubsportalen im Internet vertreten - und langsam sei es auch konkurrenzfähig. "Das Land bietet nicht nur Sonne, Meer, ein gutes Klima, eine wunderschöne Natur und hilfsbereite Menschen", betont er stolz. "Es sind besonders die günstigen Preise, die die Leute anziehen. Ein Ferienappartement kann man hier schon für 30.000 bis 60.000 Euro kaufen. Bei den aktuell niedrigen Zinsen denken viele Menschen in Europa über eine solche Investition nach."

Die günstigen Preise haben auch Hans-Dieter Blaser aus München überzeugt. Er hat in Saranda eine Wohnung gekauft. "Der Preis war in Ordnung für das Risiko, im Land zu investieren. Die Lage ist exzellent. Insgesamt bin ich sehr zufrieden" , sagt er.

Auf der Wunschliste der ausländischen Käufer scheint die Küstenstadt Saranda ganz weit oben zu stehen. Von dort aus kommt man sehr schnell nach Korfu. Auf der griechischen Insel gibt es einen Flughafen - ein Vorteil für die kleine albanische Küstenstadt Saranda. Diese geografische Lage spricht auch aus der Sicht des Norwegers Christen Dale für den Kauf einer Ferienwohnung in Saranda: "Wir haben inzwischen dort Urlaub gemacht und lieben den Ort immer mehr. Zwar haben wir von Kriminalität gehört, aber bis jetzt haben wir nichts davon mitbekommen. Saranda scheint mir friedlicher als jede andere kleine Stadt in Norwegen. Das einzige Problem für uns ist die Sprache, aber wir treffen viele, die Englisch sprechen."

Illegale Bauten an der Küste

Doch das albanische Abenteuer birgt noch ein ganz anderes Risiko, sagen mehrere Kunden der "Albania Property Group". In Albanien gibt es sehr viele illegale Bauten, besonders an der Küste. Christen Dale will deshalb die Kaufverträge besonders sorgfältig überprüfen. Auch der Deutsche Hans-Dieter Blaser erwähnt Schwierigkeiten und Nachteile: "Die Verwaltung kommt nicht in Schwung, die notarielle Abwicklung war nicht leicht." Immer noch fehle ihm ein Grundbucheintrag.

Cristien Dale aus Norwegen Albanien Christen Dale (Foto: privat)
Christen Dale: Kaufverträge besonders sorgfältig überprüfenBild: Christen Dale

Ilir Konomi von der "Albanian Property Group" sieht den langen Weg zu einem Grundbucheintrag der neu erworbenen Immobilien als größtes Hindernis für die Entwicklung des Tourismus in Albanien: "Wir selbst achten sehr darauf, und überprüfen alles im Voraus, bevor wir den ausländischen Kunden Angebote machen. Aber es stimmt, es fehlen die Grundbucheinträge."

Viele Albaner setzen ihre Hoffnungen auf eine umfassende Justizreform und erwarten davon nicht weniger als eine Erneuerung des Landes. Doch bis solche Hoffnungen erfüllt werden, könnten für Einheimische, Touristen und ausländische Immobilienkäufer noch viele Sommer vergehen. "Albanien ist eben gleichzeitig ein entwickeltes und ein nicht entwickeltes Land": So fasst es Svein Augland aus Norwegen zusammen.