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EU will Unternehmen in die Pflicht nehmen

Monika Hoegen8. August 2012

Die Geschäftspolitik der in Europa ansässigen Unternehmen soll auch soziale Belange, Menschenrechte und Umweltstandards beachten. Dafür setzt die EU auf Corporate Social Responsibility.

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Bild: picture-alliance / Godong

Jerome Chaplier findet deutliche Worte: "Die EU, vor allem die Kommission, schafft es nicht, das Thema Wirtschaft und Menschenrechte zum Querschnittsthema zu machen. Jede Generaldirektion schaut nur auf ihren eigenen Bereich, und achtet wenig auf Menschenrechte und Umweltstandards“

Der junge Aktivist arbeitet für die Nichtregierungsinitiative "European Coalition for Corporate Justice“, die sich schon lange für mehr Transparenz und verbindliche Richtlinien zur sozialen Unternehmensverantwortung engagiert.

Jerome Chaplier, "European Coalition for Corporate Justice". Foto: Pressestelle des ECCJ
Jerome Chaplier, "European Coalition for Corporate Justice"Bild: ECCJ

Zwar habe sich die Kommission in jüngster Zeit in vielen Papieren für einen Mix aus freiwilligen und verbindlichen Regeln im Bereich Umwelt- und Sozialstandards, sowie Menschenrechte stark gemacht, so der Chaplier. Doch letztlich sei kaum etwas davon umgesetzt worden.

Transparenz durch Geschäftsberichte

In diesem Oktober will die Generaldirektion Binnenmarkt im einen Gesetzentwurf vorlegen, der Unternehmen in den Mitgliedsstaaten verpflichtet, auch nicht-finanzielle Firmendaten, wie soziale Auswirkungen und Umweltdaten, in ihren Geschäftsberichten offen zu legen. Doch die European Coalition for Corporate Justice befürchtet, dass auch dies zu vage bleiben werde.

Offenbar zu Recht. Denn spricht man mit Vertretern der Generaldirektion Industrie und Unternehmen, die eigentlich für das Thema soziale Unternehmensverantwortung, Corporate Social Responsibility (CSR) zuständig ist, so heißt es, dass die neue Gesetzesvorlage mit CSR direkt gar nichts zu tun habe. Zwar sei es wünschenswert, dass europäische Unternehmen eine CSR Politik haben und die EU Kommission unterstütze sie auch darin, dennoch müsse CSR selbst freiwillig bleiben, sagt Iris Kroening, Expertin bei der Generaldirektion Industrie und Unternehmen.

Stämme aus zertifiziertem Tropenholz. Foto: Bernd Wüstneck +++(c) dpa - Bildfunk+++
Stämme aus zertifiziertem TropenholzBild: picture-allianc/ZB

Verbindlichkeit durch konkrete Regeln

Ohnehin sei die EU zu verbindlichen Regelungen nicht berechtigt, betont Kroening. "Die EU kann ja immer nur innerhalb der EU das Verhalten von Unternehmen regeln. Wenn Unternehmen außerhalb der EU tätig sind, dann sollten sie zwar, wenn sie CSR Politik ernst nehmen, sich auch so verhalten, wie sie das auch innerhalb der EU tun würden.“ Allerdings seien die Staaten, in denen die Unternehmen tätig sind, für die konkreten Regelungen zuständig und nicht die EU.

Aktivist Chaplier hält dagegen: Die EU könne durchaus für mehr Verbindlichkeit sorgen und verweist auf das Beispiel Holzeinschlag. "Da gibt es eine neue Resolution, wonach illegal geschlagenes Holz nicht mehr auf dem europäischen Markt verkauft werden darf.“ Es sei also durchaus möglich, die Einfuhr von Produkten zu beschränken, wenn sie nicht bestimmten Anforderungen entsprächen. "Warum geht das dann nicht auch für menschenrechtliche Standards?“ fragt Chaplier.

Effekt durch bessere Handelsverträge

Bernd Lange, SPD-Abgeordneter und EU Parlamentarier aus Deutschland will die Verantwortung der Unternehmen ebenfalls verbindlicher regeln. Er sieht dazu mehrere Möglichkeiten: Zum einen sollen regelmäßige Geschäftsberichte, die die CSR Aktivitäten dokumentieren. Eine Produkt-Überprüfung mit Siegel, eine Art TÜV, soll die ganze Wertschöpfungskette transparent machen. So sollen auch Menschenrechte - und Umwelt- und Sozialstandards bei den Zulieferern überprüft werden.

"Und zum Dritten“, so Lange weiter, "müssen wir eben auch in Handelsverträgen stärker die Verpflichtung für Unternehmen festschreiben, CSR Politik Wirklichkeit werden zu lassen.“

Das aktuelle Ringen um ein Handelsabkommen mit Kolumbien mache aber auch die Konflikte um ein solches Konzept deutlich. Unter teilweise menschenverachtenden Arbeitsbedingungen wird in dem südamerikanischen Land Kohle abgebaut. Die Umwelt wird durch den Tagebau extrem belastet, die Anwohner, so berichtet auch die internationale Menschenrechtsorganisation FIAN, werden teilweise mit Gewalt aus ihren Häusern und von ihren Ackerflächen vertrieben.

Verantwortung für die Wertschöpfungskette

Auch Deutschland setzt auf die billige Importkohle aus dem südamerikanischen Land, das sich mit der Beachtung von Menschenrechten schwertut. "Kolumbien produziert etwa ein Drittel der gesamten Kohle, die in den Kraftwerken von Deutschlands Energieunternehmen verfeuert werden“, betont EU-Politiker Lange. Das sei Grund genug die Wertschöpfungskette in den Blick zu nehmen und deutlich mehr Verantwortung für die Einhaltung der Menschenrechte zu zeigen.

Noch ist er optimistisch, mit einer Mehrheit der EU-Parlamentarier im Herbst mehr Transparenz und Verbindlichkeit bei der sozialen Unternehmensverantwortung durchsetzen zu können. Sicher scheint das noch lange nicht.