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EU reagiert gelassen auf Erdogans Drohungen

26. Mai 2016

Im Streit mit der EU setzt der türkische Präsident Erdogan offensichtlich auf Eskalation. Doch fruchten die Drohungen? Die Reaktionen aus der EU lassen Zweifel aufkommen.

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EU-Ratspräsident Donald Tusk (Foto: DPA)
EU-Ratspräsident Donald Tusk: "Bei unseren Zugeständnissen gibt es klare Grenzen"Bild: picture alliance/dpa/O. Hoslet

Die scharfen Drohungen aus der Türkei haben in der EU für kühle Reaktionen gesorgt. EU-Ratspräsident Donald Tusk machte deutlich, dass sich Europa im Streit um die Aufhebung der Visumpflicht für türkische Staatsbürger nicht erpressen lassen wolle. "Bei unseren Zugeständnissen gibt es klare Grenzen", sagte Tusk beim G7-Gipfel im japanischen Ise-Shima. "Mir ist völlig bewusst, dass wir unsere Maßstäbe nicht dem Rest der Welt aufzwingen können, inklusive der Türkei. Aber die anderen können uns ihre Maßstäbe auch nicht aufzwingen."

Türkei droht mit Bruch sämtlicher Abkommen

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Dienstag einen Bruch der Abmachungen mit der EU angedroht. Ohne Fortschritte im Streit um die Visumfreiheit werde er ein bereits 2013 vereinbartes Abkommen zur Rücknahme von Flüchtlingen nicht wie verabredet zum 1. Juni in Kraft treten lassen.

Ein einflussreicher Berater ging kurz darauf sogar noch weiter. Sollte die EU ihr Versprechen zur Visumfreiheit nicht halten, "könnte es sein, dass kein einziges Abkommen zwischen der Türkei und der EU bestehen bleibt, weder das Rücknahmeabkommen noch irgend ein anderes Abkommen", sagte Yigit Bulut dem Staatssender TRT Haber.

Drohungen "werden keinerlei Effekt haben"

Die EU hatte zuvor deutlich gemacht, dass der angestrebte Termin der Visumfreiheit zum 1. Juli nicht mehr haltbar ist. Hintergrund ist vor allem die Weigerung Erdogans, die Antiterrorgesetze der Türkei zu reformieren. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker meinte zu den Aussagen Erdogans: "Drohungen sind nicht die besten diplomatischen Instrumente, die man anwenden kann. (...) Sie werden keinerlei Effekt haben." Die EU erwarte, dass die Türkei sich an ihre Verpflichtungen halte.

Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ bereits am Mittwoch erkennen, sie sei "nicht besorgt" darüber, dass die Regierung in Ankara Teile des Abkommens zur Flüchtlingskrise möglicherweise nicht wie verabredet umsetzt.

In Brüssel ist ohnehin umstritten, welchen Anteil die bereits umgesetzten Vereinbarungen mit der Türkei am aktuellen Rückgang der Flüchtlingszahlen haben. Vor allem Vertreter osteuropäischer Staaten sind der Ansicht, dass die Grenzschließungen auf der Balkanroute den Zustrom gebremst haben und nicht der Deal mit der Regierung in Ankara.

Vorgezogenes Abkommen

Bei der von Erdogan nun infrage gestellten Vereinbarung geht es um das Inkrafttreten eines bereits 2013 ausgehandelten Abkommens zur Rücknahme von Flüchtlingen aus Drittstaaten. Es sollte eigentlich erst im Oktober 2017 vollständig gelten. Im Zuge der Verhandlungen um ein zügige Visaliberalisierung erklärte sich die Türkei allerdings bereit, es bereits zum 1. Juni 2016 umzusetzen.

Die Flüchtlinge, die bereits jetzt von den griechischen Inseln in die Türkei zurückgebracht werden, betrifft dieses Abkommen nicht. Sie werden auf Grundlage einer Vereinbarung zwischen Athen und Ankara abgeschoben.

cr/kle (dpa, afp)