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Politik

EU-Innenkommissarin will "keine Hintertüren"

15. Januar 2021

Sollen Ermittler auf verschlüsselte Kommunikation zugreifen dürfen? Die EU-Kommission gibt sich gegenüber drängenden Forderungen der Innenminister skeptisch.

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Eine Frau hält ein Smartphone in der Hand
Bild: Mana Vatsyayana/AFP/Getty Images

Nach heftigem Widerstand hat die EU-Kommission klargestellt, keinen Vorschlag für ein allgemeines Verbot verschlüsselter Kommunikation zu planen. Es werde keine Lösung in Betracht gezogen, die Verschlüsselung grundsätzlich für alle Bürger schwächen oder direkt oder indirekt verbieten würde, heißt es in einem Brief von EU-Innenkommissarin Ylva Johansson an drei EU-Abgeordnete. Sie könne bestätigen, "dass es keine Pläne gibt, in diese Richtung zu gehen". In dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorliegt, schließt die Schwedin auch die Einführung sogenannter "Hintertüren" für den Zugriff auf verschlüsselte Daten aus. Davor hatten vor allem Datenschützer gewarnt.

Die EU-Staaten dringen hingegen darauf, im Kampf gegen Terror und organisierte Kriminalität auf verschlüsselte Kommunikation zugreifen zu können. Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer will das. In einer Erklärung der EU-Innenminister vom Dezember heißt es, zuständige Behörden müssten in der Lage sein, rechtmäßig und zielgerichtet Zugriff auf die Daten zu bekommen. Zugleich müssten technische Lösungen unter anderem die Grundsätze der Legalität und Proportionalität beachten sowie den Schutz persönlicher Daten. Man wolle eine "aktive Debatte mit der Technik-Industrie" schaffen.

Datenschützer laufen Sturm

Wichtig ist das aus Sicht der EU-Staaten deshalb, weil Ermittler und Behörden immer mehr von elektronischen Beweismitteln abhängen - und diese oft verschlüsselt sind. Die EU-Kommission griff diesen Vorstoß zuletzt im Anti-Terror-Plan auf. Man wolle mit den EU-Staaten an möglichen rechtlichen, operativen und technischen Lösungen für den legalen Zugang zu verschlüsselten Daten arbeiten. Zivilgesellschaftliche Organisationen und Datenschützer liefen Sturm und warnten davor, den Zugriff auf die Daten über eine "technische Hintertür" zu ermöglichen. Dies beschädige die Vertraulichkeit der Kommunikation.

EU-Innenkommissarin Ylva Johansson bei einer Pressekonferenz
"Kein allgemeines Verschlüsselungsverbot geplant": EU-Innenkommissarin Ylva Johansson (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/D. Aydemir

Johanssons Schreiben vom Montag ist die Antwort auf einen Brief der liberalen Europaabgeordneten Moritz Körner, Claudia Gamon und Sophie in't Veld vom November, der auch an weitere EU-Kommissare sowie EU-Ratschef Charles Michel und Innenminister Seehofer ging. Dem Brief hatten sich mehr als 50 weitere Abgeordnete angeschlossen. Die Innenkommissarin wird in ihrer Antwort deutlich wie noch nie. Dabei erinnert sie an frühere Zusagen der EU-Kommission, verschlüsselte Kommunikation nicht schwächen zu wollen.

"Es ist gut, dass die Kommission klarstellt, dass sie keine Gesetzesinitiativen zu einem Verschlüsselungsverbot und auch keine Hintertüren für Sicherheitsbehörden plant", sagte FDP-Politiker Körner der dpa. "Die Kommission zeigt sich von den unter deutscher Ratspräsidentschaft im Rat vorangetriebenen Plänen zur Verschlüsselung entweder unbeeindruckt oder nimmt den massiven öffentlichen Widerstand gegen die Pläne ernst. Beides ist gut für die Bürgerrechte in Europa!" Seehofer müsse erkennen, dass seine Pläne zum Thema Verschlüsselung "in eine Sackgasse geführt haben".

jj/se (dpa)