1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

EU: Erstmals mehr Erneuerbare als Kohle

31. Januar 2018

In der EU wurde 2017 zum ersten Mal mehr Strom aus Wind, Sonne und Biomasse als aus Kohle erzeugt. Gleichzeitig sind die CO2-Emissionen aber nicht zurückgegangen, sondern eher noch angestiegen. Wie kann das sein?

https://p.dw.com/p/2rqVj
Erneuerbare Energie kontra Braunkohle
Bild: Picture alliance/ZB/P. Pleul

Inzwischen wird in der EU rund 30 Prozent des Stroms mit Biomasse, Wind-, Wasser-, Solarkraft erzeugt. Vor sieben Jahren, im Jahr 2010, lag der Anteil noch bei 20 Prozent.

Laut Bericht "The European Power Sector in 2017", der von den Denkfabriken Agora Energiewende und Sandbag in Brüssel vorgestellt wurde, hat sich die Stromproduktion von Biomasse, Wind- und Solarkraft seit 2010 in der EU mehr als verdoppelt, von neun Prozent in 2010 auf 20,7 Prozent in 2017.

Damit lag erstmals in der Geschichte der EU 2017 die Stromproduktion aus Biomasse, Wind- und Solarkraft höher - wenn auch nur minimal - als die Stromproduktion aus Stein- und Braunkohle (20,6 %).

Allerdings nahm gleichzeitig die Stromproduktion mit der klimasachädlichen Braunkohle in der EU im Vergleich zum Vorjahr sogar noch etwas zu - fast die Hälfte dieses Stroms kommt aus Deutschland. Die Produktion von Steinkohle in der EU dagegen sank. Ebenfalls sanken die Anteile von Atom- und Wasserkraft in Europa.

Infografik Strommix EU 2017

Hartnäckige Treibhausgase

Die Überraschung: Trotz dem Zuwachs an Ökostrom in der EU sanken die Treibhausgasemissionen im Stromsektor nicht, so der Bericht. Sie blieben auf dem Vorjahresniveau. Dafür seien laut Sandbag und Agora vor allem drei Faktoren verantwortlich:

"Die Stromerzeugung aus Wasserkraft ist, vor allem durch geringe Niederschläge und Schneefälle, auf ein europaweites Tief gesunken", erklärt Sandbag-Analyst Dave Jones in Brüssel "dadurch wurden die Zuwächse bei den anderen Erneuerbaren Energien weitgehend aufgezehrt."

Zudem lieferten Kernkraftwerke weniger Strom, während der Stromverbrauch in der EU weiter anstieg - um 0,7 Prozent. Der fehlende Strom wurde mit fossilen Kraftwerken kompensiert.

Um den Klimaschutz voranzutreiben, "müssen die Länder ihre Bemühungen um Energieeffizienz verstärken", sagt Jones. Viele Länder hängen bei den gesetzten EU-Effizienzzielen noch weit hinterher.

In der Gesamtbilanz gehen Sandbag und Agora sogar davon aus, dass die CO2-Emissionen in der EU in 2017 erstmals seit 2010 wieder angestiegen sind. Der Grund liege vor allem an einem höheren Verbrauch von Öl und Gas für Heizung und Verkehr. Sie rechnen mit Plus von Treibhausgasemissionen von etwa einem Prozent.

Infografik Anteil Erneuerbarer Energien in der Stromproduktion in der EU 2017 DEU

Energieumbau: Dänemark als Vorreiter 

Der Ausbau von Erneuerbaren Energien in Europa erfolgte in den vergangenen Jahren vor allem bei der Windenergie, dahinter folgen Biomasse und Solarenergie. In Dänemark wurde im vergangen Jahr laut Bericht schon rund 50 Prozent des Stroms schon mit Windenergie erzeugt - so viel wie in keinem anderen Land der EU.

Zusammen mit Biomasse (21%) und Photovoltaik (3%) liegt der Anteil der Erneuerbaren Energien in Dänemark an der Stromversorgung insgesamt schon bei 74 Prozent. Der Überschuss an Windstrom an windreichen Tagen wird hier auch für die Wärmezeugung im Fernwärmenetz eingesetzt und reduziert so den Energiebedarf von fossilen Energien und Biomasse und den damit verbundenen CO2-Ausstoß.

Beim Aufbau von Windenergie setzt Dänemark vor allem auf die Bürgerenergie. Rund 80 Prozent der Anlagen sind im Besitz der Bürger vor Ort. "Die lokale Akzeptanz ist sehr wichtig", erklärt Windpionier Preben Maegaard aus Dänemark der DW. "Ohne Benefit und Beteiligung der Bürger vor Ort gibt es Widerstand und die Windanlagen werden nicht gebaut. Fremde Investoren, die nur Anlagen aufstellen und den Profit abziehen, sind nicht gewollt", erklärt Maergaard das Erfolgsmodell.

Repower Windprojekt Clauen Deutschland
Günstig, nachhaltig und klimafreundlich: Experten empfehlen vor allem den Ausbau von Wind- und SolarenergieBild: Jan Oelker

Umbau würde sich lohnen

Um das EU-Ziel für Klimaschutz und Erneuerbare Energien bis 2030 zu erreichen, müssen nach Ansicht von Agora und Sandbag die EU-Mitgliedsstaaten in den kommenden Jahren deutlich größere Anstrengungen unternehmen als bisher.

Als besonders zukunftsweisend gelten vor allem Wind- und Solarenergie: Durch den massiven Preisverfall sind hier die Stromerzeugungskosten gering - und im Vergleich zu Strom aus Biomasse ist die Erzeugung nachhaltiger. 

"Wenn alle Länder in Europa sich gleichermaßen engagieren, ist bis 2030 ein Anteil von 35 Prozent Erneuerbarer Energien am gesamten Energieverbrauch möglich", sagt Matthias Buck, Leiter Europäische Energiepolitik bei Agora.

Rueter Gero Kommentarbild App
Gero Rueter Redakteur in der Umweltredaktion