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Erstmals Michelin-Sterne für Moskauer Köche

15. Oktober 2021

Für Feinschmecker verschwindet ein weißer Fleck auf der kulinarischen Weltkarte: Jetzt gibt es auch in der russischen Hauptstadt Sterne-Gastronomie. Ein Zwillingspaar steht dabei besonders im Fokus.

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Russland |  MICHELIN Awards
Die Zwillingsbrüder und Spitzenköche Iwan und Sergej Beresuzki ("Twins Garden") erhielten zwei Michelin-SterneBild: Dimitar Diloff/AFP/Getty Images

Nach fünf jahren kulinarischer Recherche hat der legendäre Restaurantführer "Guide Michelin" einen Sonderband über die russische Hauptstadt herausgebracht. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Gleich neun Restaurants wurden in den elitären Kreis der "Sterne-Gastronomie" aufgenommen.

Feinschmecker aus aller Welt sollten damit beim Besuch in der russischen Millionenmetropole leichter gute Küche finden, sagte Gwendal Poullennec, der internationale Direktor der "Michelin"-Führer, bei der Gala im neuen Konzerthaus Sarjadje.

Doppel-Stern für Zwillinge

Das beste Ergebnis erzielte dabei "Twins Garden" der Zwillingsbrüder Iwan und Sergej Beresuzki. Die beiden erhielten nicht nur zwei Michelin-Sterne, sondern auch einen grünen Stern als Bio-Restaurant und eine Ehrung für den besten Service. Auf ihrer Facebook-Seite bedankten sich die beiden Spitzenköche bei ihrem Team und sagten, sie fühlten "unsägliche Freude, Stolz und Ehre, Besitzer zweier Sterne zu sein".

Bei der Festveranstaltung zeigte sich Iwan Beresuzki sehr bewegt über die Auszeichnung: "Danke, Guide Michelin, dass Sie nach Russland gekommen sind und an uns alle glauben." Dieser Tag sei ein "historisches Ereignis" für die russische Restaurant-Szene und Moskau sei "eine der gastronomischen Hauptstädte der Welt" geworden.

Das nahe der Moskauer Innenstadt gelegene "Twins Garden" verarbeitet überwiegend Produkte aus eigener Landwirtschaft. Seine Philosophie beschreibt das Lokal als "Symbiose aus Wissenschaft und Natur".

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Die glücklichen Spitzenköche bei der Stern-Verleihung im Moskauer Saradje-KonzertsaalBild: Vyacheslav Prokofyev/TASS/dpa/picture alliance

Ebenfalls zwei Sterne erhielt zudem Artjom Jestafjew ("Artest-Chef's Table"). Mit einem Stern dürfen sich die folgenden Köche schmücken: Anatoli Kasakow ("Selfie"), Jewgeni Wikentjew ("Beluga"), David Hemmerlé ("Grand Cru"), Wladimir Muchin ("White Rabbit"), Jekaterina Aljochina ("Biologie"), Alexej Kogaj ("Sachalin") und Andrej Schmakow ("Savva"). Die Höchstwertung von drei Sternen erhielt keines der ausgezeichneten Restaurants.

Unbestechlich und inkognito

Geprüft worden sei wie in allen Ländern nach festen Kriterien, darunter die Qualität der Produkte, die Kochtechniken, die Aroma- und Geschmackskomponenten, die Personalität des Kochs und die Stimmigkeit der Menüabfolge, sagte Poullennec vor internationalem Publikum. Die Prüfer arbeiten inkognito und gelten als unbestechlich.

"Die Arbeit war in Zeiten der Pandemie eine echte Herausforderung. Zum Glück waren die Restaurants in Moskau nicht lange geschlossen", sagte Poullennec. Russland sei inzwischen das 35. Land, in dem ein "Guide Michelin" erscheint.

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Objekt der gastronomischen Begierde: der Michelin-SternBild: Ulf Mauder/dpa/picture alliance

Wiederentdeckung gastronomischer Tradition

Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin sagte, dass die Verleihung dieser "gastronomischen Ehre" in diesen Zeiten eine große moralische Unterstützung für die Gastronomie sei. Russland habe seine gastronomische Tradition wiederentdeckt, die in der Sowjetunion "leider verloren gegangen war", sagte Sobjanin. Inzwischen seien Moskaus Restaurants eine "Visitenkarte" für die Stadt.

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Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin (r.) und Gwendal Poullenec, der internationale Direktor des Guide MichelinBild: Vyacheslav Prokofyev/TASS /imago

Der russische Restaurantexperte Gennady Josefavichus betonte, mit diesen Auszeichnungen beginne "eine neue Ära" für die Gastro-Szene des Landes. "Bisher existierte sie in einer Art Vakuum. Wir haben uns gegenseitig bewertet, haben uns gegenseitig applaudiert. Aber jetzt sind wir Teil eines weltberühmten Systems, das in vielen Ländern schon funktioniert."

Pandemie und Sanktionen

In der russischen Hauptstadt gibt es nach offiziellen Angaben mehr als 15.000 gastronomische Einrichtungen. Viele hatten besonders im vergangenen Jahr wegen der Corona-Pandemie massive Einbußen verzeichnet.

Die Pandemie ist aber nicht die einzige Herausforderung, mit der Köche in Russland zu kämpfen haben. Russland hat auch die Einfuhr von Lebensmitteln aus dem Westen verboten - per Embargo als Reaktion auf die Sanktionen der EU und der USAauf die umstrittene Außenpolitik Moskaus. Die Köche beklagen das, betonen aber auch, dass es inzwischen viele eigene Produzenten gebe.

mak/cw (dpa, rtre, afp)