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Erfahrung als Superminister

Kluger Schachzug von Kanzler Gerhard Schröder: Wolfgang Clement, nordrhein-westfälischer Ministerpräsident, wird Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft. Ein Superministerium mit umfangreichen Kompetenzen entsteht.

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Der erste Minister im neuen Kabinett Schröder heißt Wolfgang ClementBild: AP

Clement, der nach tagelangen Gerüchten am Montag (7.10.2002) seinen Wechsel ins Bundeskabinett bestätigte, war schon einmal "Superminister": Von Juli 1995 bis Mai 1998 war Clement im Kabinett des damaligen nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Johannes Rau Minister für Wirtschaft, Mittelstand, Technologie und Verkehr, außerdem zuständig für Medien und Telekommunikation. Nun holt Schröder den selbstbewussten 62-jährigen Politikmanager vom Rhein an die Spree, mit dem er viel gemeinsam hat.

Sozialdemokratischer Pragmatiker

Der Düsseldorfer Regierungschef gilt als Modernisierer, außerdem wird ihm eine Nähe zur Wirtschaft nachgesagt. Gleichzeitig kann Schröder die meist blass wirkenden Minister Walter Riester und Werner Müller "entsorgen" und die mächtige NRW-SPD zufriedenstellen. Clement gilt als "Genosse der Bosse" in Nordrhein-Westfalen, dem das Image des "Machers" anhaftet. Zuletzt hatte er sich für den zahlungsunfähigen Ferienflieger LTU und den Maschinenbaukonzern Babcock Borsig eingesetzt. Die Grünen in NRW, seit 1995 Koalitionspartner der SPD, hatten es mit Clement nicht immer leicht. Streitpunkte waren insbesondere die Verkehrs- und Energiepolitik. So setzte er den Braunkohletagebau Garzweiler II ebenso durch wie die Nachtflüge auf dem Köln-Bonner Flughafen. Das wird auf Bundesebene nicht anders sein.

Ein schlagkräftiges Ministerium für die Arbeitsreform

Auf den ehemaligen Journalisten und gelernten Juristen Clement wartet als Superminister mit der Umsetzung der Vorschläge der Hartz-Kommission zur Neuordnung des Arbeitsmarktes eine Herkulesaufgabe. Während der Kanzler das Konzept eins zu eins umgesetzt sehen will, ist dagegen mit Widerstand bei den Gewerkschaften und auch im Bundesrat mit seiner Unions-Mehrheit zu rechnen. Bei den Verhandlungen mit der Länderkammer könnten sich die guten Kontakte Clements mit dem bayerischen Ministerpräsidenten und Unions-Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber (CSU) als nützlich erweisen.

Gemischte Reaktionen

Der genaue Zuschnitt des künftigen Superministeriums blieb zunächst offen. Eigentlich hatten sich SPD und Grüne darauf verständigt, in den Koalitionsverhandlungen zunächst über politische Inhalte, dann über Strukturen und erst zuletzt über Personalfragen zu sprechen. Es könne überall Ausnahmen von der Regel geben, sagte dazu Vize-Regierungssprecher Bela Anda. Gewissen Widerstand gegen die Fusion der beiden Ministerien gab es aus dem Gewerkschaftslager. "Wir halten beide Ressorts, nämlich Wirtschaft und auch Arbeit, für eigenständig wichtige Ressorts, wo es auch in dem einen oder anderen Fall Konfliktpunkte gibt", sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft IG BCE, Hubertus Schmoldt.

Positiver äußerte sich der DGB-Vorsitzende Michael Sommer. Er nannte Clement "zweifellos die richtige Wahl, um unsere Gesellschaft sozial gerecht zu modernisieren." Grünen-Chef Fritz Kuhn bezeichnete die geplante Zusammenlegung von Arbeits- und Wirtschaftsministerium als einen interessanten Vorschlag, der zu einem "Effizienzgewinn" führen könne. CSU-Landesgruppenchef Michael Glos wertete die Berufung Clements als "Eingeständnis des Scheiterns einer Regierung auf dem wichtigen Feld der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik". CDU-Chefin Angela Merkel sprach noch vor der offiziellen Bekanntgabe der Nominierung Clements von einem "fatalen Signal für die Wirtschaft in Deutschland." (dk)