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Entführter Abgeordneter wieder frei

14. August 2012

Der von kurdischen Rebellen verschleppte türkische Parlamentsabgeordnete Hüseyin Aygün ist wieder frei. Experten bewerten die Entführung als eine Demonstration von Stärke der PKK.

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Huseyin Aygün (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Der kurdischstämmige Politiker sei nahe der Stadt Ovacik in der östlichen Provinz Tunceli freigelassen worden, sagte der Gouverneur der Region, Mustafa Taskesen, dem türkischen Fernsehsender NTV. Aygün sei bei "guter Gesundheit", ergänzte er. Der 42-jährige Aygün war am Sonntag entführt worden, nachdem Rebellen der in der Türkei verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) sein Auto gestoppt hatten.

Die türkische Armee hatte ihre am Montag begonnene Suche nach Aygün abgebrochen, um sein Leben nicht zu gefährden. Aus dem Umfeld des Abgeordneten hatte es nach der Entführung am Sonntag geheißen, die PKK habe versprochen, den Politiker "in einigen Tagen" unversehrt wieder freizulassen. Es war das erste Mal in dem jahrzehntelangen Kampf der PKK gegen die Regierung in Ankara, dass sie einen Abgeordneten entführt hat.

Aygün hatte den Zorn der PKK auf sich gezogen

Aygün, der als Parlamentarier Immunität genießt, wollte sich nach seiner Freilassung zunächst nicht gegenüber der Polizei äußern, wie örtliche Sicherheitsbeamte der Nachrichtenagentur AFP sagten. Er sollte in einer Polizeiwache befragt werden. Innenminister Idris Naim Sahin sagte, die PKK wolle mit der Entführung vor dem Jahrestag ihres ersten bewaffneten Einsatzes am 15. August 1984 auf sich aufmerksam machen. Der 42-jährige Anwalt Aygün hatte den Zorn der PKK auf sich gezogen, als er die Miliz zur Niederlegung der Waffen aufforderte.

Der Politiker vertritt im türkischen Parlament die Stadt Tunceli. Laut seiner Internetseite befasst er sich in seiner Arbeit unter anderem mit Menschenrechtsverletzungen - auch im Zusammenhang mit Zwangsräumungen kurdischer Dörfer. Türkische Kommentatoren bewerteten seine Entführung als einen Versuch der PKK, Stärke zu demonstrieren und Parlamentsabgeordnete aus den Reihen der kurdischen Volksgruppe einzuschüchtern.

Rache für Militäroffensive?

Der Kurdenkonflikt war in jüngster Zeit wieder eskaliert. Nachdem die PKK türkische Militärposten im Dreiländereck zum Irak und Iran attackiert hatte, kam es in der Region zu schweren Gefechten. Die türkische Armee startete Ende Juli eine Boden- und Luftoffensive gegen Stützpunkte der PKK. Am 5. August wurden bei der Stürmung eines türkischen Armeepostens an der irakischen Grenze durch die Rebellen 22 Menschen getötet. Insgesamt starben seit Beginn der Offensive am 23. Juli nach offiziellen Angaben mindestens 115 Rebellen. Bei dem Konflikt mit der PKK wurden seit 1984 mehr als 45.000 Menschen getötet.

Panzer der türkischen Armee (Foto: AFP)
Im Einsatz gegen kurdische Rebellen: die türkische ArmeeBild: AFP/Getty Images

Der Gouverneur von Tunceli, Mustafa Taskesen, wies daraufhin, dass am Mittwoch (15.08.2012) der 28. Jahrestag des ersten bewaffneten Angriffs kurdischer Rebellen sei. Die PKK kämpft seither für Autonomie im mehrheitlich von Kurden bewohnten Südosten des Landes. Die Rebellen verfügen über Stützpunkte im Norden des Iraks, von wo aus sie Aktionen in der Türkei organisieren. Die Türkei befürchtet, dass die Aufständischen den Bürgerkrieg im benachbarten Syrien nutzen könnten, um auch dort Stützpunkte einzurichten.

Die Europäische Union und die USA stufen die PKK als Terrororganisation ein. Rund 20 Prozent der etwa 75 Millionen Einwohner der Türkei sind Kurden. Deren Organisationen beklagen eine systematische Diskriminierung ihrer Volksgruppe durch den türkischen Staat.

GD/qu/wa/cd (afp, rtr, dapd, dpa)