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Englische Fans punkten durch gutes Benehmen

Nick Amies20. Juni 2006

Früher hätte der Anblick von 70.000 englischen Fans deutsche Sicherheitskräfte noch in Panik versetzt. Mittlerweile sind die Insulaner braver geworden - wenn auch nicht unbedingt nüchterner.

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Kein gutes Outfit für SchlägereienBild: AP
WM Bilder des Tages 19.06.2006 England Fußball Fan
Gefährlich?Bild: AP

Wenn ein Glücksspieler noch vor wenigen Jahren in ein Wettbüro gekommen wäre, um Geld auf 100.000 friedliche englische Fußballfans in Deutschland zu setzen, hätte ihm der Buchmacher wohl die Scheine aus der Hand gerissen und den Mann für verrückt erklärt. So schlimm war der Ruf der Engländer als Europas am meisten gefürchtete Hooligans.

Deshalb hat das Lob von deutschen Offiziellen und WM-Organisatoren für die englischen Fans und ihr Verhalten es auch in die Schlagzeilen geschafft.

England Fans in Köln
Gefährlich?Bild: DW

Die englischen Spiele waren bist jetzt die Begegnungen mit der höchsten Besucherzahl - mal von den Spielen der Gastgeber abgesehen. Über 70.000 englische Fans kamen zum Eröffnungsspiel in Frankfurt gegen Paraguay. Fast genauso viele waren in Nürnberg, um den 2:0 Sieg über Trinidad und Tobago zu sehen. Noch mehr werden wohl in Köln beim Spiel gegen Schweden anwesend sein. Trotzdem hat es bis jetzt nur ein paar Verhaftungen gegeben, die meisten für geringe Vergehen wie Trunkenheit und Schwarzhandel mit Tickets.

Mehr Respekt für die Gastgeber

Die meisten Engländer in Deutschland benehmen sich also ganz anders als ihr Ruf. Was hat sich geändert? Warum werden sie plötzlich für ihr Verhalten gepriesen? Liegt es daran, dass alle mit dem Schlimmsten gerechnet hatten? "Der englische Fußballverband hat viel getan, aber am meisten haben sich die Fans selbst angestrengt", sagt Jack Walker, ein Fan aus Manchester, der mit seinem 14-jährigen Sohn Ben zur WM nach Deutschland gekommen ist. "Wir hatten einfach genug von diesen Verrückten, die uns in ein schlechtes Licht rückten. Wir bemühen uns jetzt, die Menschen und Orte mehr zu respektieren und das Ganze mehr zu einem Familienfest zu machen. Ich habe keine Bedenken mehr, meinen Jungen zu Englandspielen mitzunehmen. Vor fünf Jahren hätte ich es mir noch zweimal überlegt, ob ich selbst gegangen wäre".

Bier zum Frühstück

Der Ruf der Engländer als Nation der "Party bis zum Umfallen" ist bis jetzt von Pauschaltouristen und Fußballfans verstärkt worden. Beim speziell für englische Fans eingerichteten Treffpunkt vor den Toren Kölns auf der anderen Seite des Rheins konnte man den Eindruck gewinnen, dass sich nichts geändert hat.

Der heiße deutsche Sommer macht es noch leichter, Bier zum Frühstück zu rechtfertigen. Doch trotz riesiger Mengen des Gerstensaftes im Ausschank liegt keine Bösartigkeit in der Luft. Zugegeben, es ist immer noch früh am Tag - falls die meisten so weiter trinken wie bisher, könnte die Stimmung bis zum Anpfiff noch umkippen. Trotzdem ist die Atmosphäre immer noch freundlich.

"Zehn Bomber" und "Drei Löwen"

Was den Respekt für die Ortsansässigen betrifft, singen die Engländer immer noch Lieder über den Krieg und das berüchtigte "Zehn deutsche Bomber" macht kurz die Runde bevor es von endlosen Chören der "drei Löwen" ersetzt wird. Die Deutschen, die das Bier ausschenken, werden jedoch höflich behandelt. Als einige Fans ihre Blasinstrumente ansetzen, werden ein paar überraschte Bedienungen zu "When the Saints go Marchin in" durch die Luft gewirbelt.

England Fans in Köln
England Fans in KölnBild: DW

Es scheint tatsächlich ein Sieg der Fans über die Hooligans zu sein, doch möchte man nicht wissen, was passieren würde, wenn die "England"-Rufe mit der deutschen Nationalhymne erwidert würden.

VIP-Behandlung

Was denken die Fans aber eigentlich über die Tatsache, dass sie aus dem Stadtzentrum gelotst wurden und ständig von Helikoptern überwacht werden? "Wir fühlen uns wie VIPs", sagt Janet Crawford, die mit einer Gruppe von adretten Ladies Riesling in der Sonne trinkt. Das Gelächter ihrer Freundinnen zeigt, dass sie es nicht ganz ernst meint. "Das macht mir nichts aus", fügt sie hinzu. "Ich habe auch noch niemanden getroffen, den es stört. Die Stadt ist überfüllt. Wir haben hier den besten Platz".