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EKD-Vorsitzende fordert Abzug aus Afghanistan

24. Dezember 2009

Eine rasche Beendigung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan fordert die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann. Die Soldaten sollten "möglichst bald" heimkehren, sagt sie.

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Ein deutscher ISAF Soldat sitzt am 16. September 2009 bei Yaftal e Sofia, Afghanistan, während einer Patrouille neben kleinen Kerzen, die er sich aus Anlass seines 34. Geburtstages entzündet hat (Archivfoto: ap)
Mehr als viertausend Bundeswehrsoldaten sind in Afghanistan im EinsatzBild: AP

"Auch nach den weitesten Maßstäben der Evangelischen Kirche in Deutschland ist dieser Krieg so nicht zu rechtfertigen, deshalb muss die gewalttätige Auseinandersetzung möglichst rasch beendet werden", sagte Käßmann der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" vom Donnerstag (24.12.2009). "Möglichst bald sollten die deutschen Soldaten aus Afghanistan abgezogen werden." Der Rückzug solle aber nicht völlig überhastet, sondern in einer ruhigen und geordneten Form stattfinden.

Landesbischöfin Margot Käßmann vor einer voll besetzten Kirchengemeinde (Archivfoto: dpa)
Landesbischöfin von Hannover: Margot KäßmannBild: dpa

Einen Abzug der Militärseelsorger als Zeichen der Kirche gegen diesen Krieg lehnt Käßmann ab. Die Geistlichen seien wichtige Seelsorger der Soldaten. "Hier wird kein Krieg abgesegnet, sondern es werden Menschen begleitet", sagte die Landesbischöfin von Hannover. Sie ist gleichzeitig die Repräsentantin von rund 25 Millionen Protestanten in Deutschland.

"Drogenhandel bekämpfen"

Es sei "zum Verzweifeln", dass in der Afghanistan-Auseinandersetzung "wieder einmal das Militärische den Vorrang" bekommen habe vor allen anderen Mitteln, meinte Käßmann. Afghanistan sei allein mit Waffen jedoch nicht zu befrieden. Nach ihrer Meinung müsste beispielsweise der Waffen- und Drogenhandel, mit dem der Terror finanziert werde, unterbrochen werden. Auch müsse man mit den Taliban Gespräche wagen. "Die Akzeptanz in der Bevölkerung für einen friedlichen Neuanfang können Sie ohnehin nur mit friedlichen Mitteln herstellen", betonte Käßmann.

In einem Beitrag für die "Neue Presse" in Hannover schreibt Käßmann, dass Frieden - also die zentrale Weihnachtsbotschaft - noch immer nicht überall Realität sei, dass es allein seit Ende des Zweiten Weltkrieges mehr als 230 Kriege gegeben habe und immer noch Kriege stattfänden. "Was in Afghanistan passiert, können wir nicht beschönigen, dort herrscht Krieg", dort gebe es "Unrecht und Gewalt".

Deutschland ist drittgrößter Truppensteller

Ein Bundeswehr-Soldat in Kundus hält Wache neben einem gepanzerten Einsatzfahrzeug (Archivfoto: ap)
Ein Bundeswehr-Soldat in Kundus hält Wache neben einem gepanzerten EinsatzfahrzeugBild: AP

In Afghanistan sind etwa 70.000 internationale Soldaten stationiert. Davon stellen die USA etwa 34.000 Soldaten und Großbritannien 9000. Deutschland ist mit 4400 Bundeswehrsoldaten der drittgrößte Truppensteller, gefolgt von Frankreich (3095) und Kanada (2830). Anfang Dezember kündigte US-Präsident Barack Obama an, 30.000 weitere Soldaten an den Hindukusch zu schicken.

Der internationale Militär-Einsatz dauert mittlerweile acht Jahre. Dennoch ist Afghanistan immer noch eines der korruptesten, ärmsten und gefährlichsten Länder der Welt. Mehr als 50 Prozent der Afghanen leben Schätzungen zufolge unter der Armutsgrenze. Auf dem Korruptionsindex 2009 von Transparency International ist Afghanistan weiter zurückgefallen und steht auf dem vorletzten Rang. Noch schlechter ist die Lage nur in Somalia. Die Wirtschaftsleistung (BIP) lag nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) unter Einberechnung eines Kaufkraftausgleichs 2008 bei 21,4 Milliarden Dollar oder 760 Dollar pro Kopf. Das Volumen des illegalen Opiumhandels wird von der Weltbank auf ein Drittel des regulären BIP geschätzt. Afghanistan produziert mehr als 90 Prozent des weltweit gehandelten Opiums, woraus Heroin hergestellt wird.

Autor: Martin Schrader (ap/dpa/rtr)

Redaktion: Ursula Kissel