Eine kleine Geschichte der Aktie
Die Frage nach der allerersten Aktiengesellschaft ist kaum zu beantworten. Es gibt auch keine genaue Chronik. Erste Spuren reichen aber weit zurück. Bereits ein kurzer Blick in die Historie birgt Überraschungen.
Bergwerk von Falun
Der vielleicht älteste Anteilschein, den man nach heutigem Verständnis als Aktie bezeichnen kann, datiert auf das Jahr 1288. Die Urkunde verbrieft ein Achtel der schwedischen Kupfermine Falun. Das Unternehmen gibt es heute noch - es firmiert unter dem Namen Stora Enso. Das Bergwerk wurde 1992 geschlossen. Seit 2001 zählt die einzigartige Grube zum Weltkulturerbe.
Anteilsscheine für Bergarbeiter
Hier wird eine Sammlung alter "Kuxscheine" aus dem Besitz des Deutschen Bergbaumuseums Bochum präsentiert. Die Kuxscheine waren Anteilsscheine, vergleichbar mit heutigen Aktien, die an die Kumpel ausgegeben wurden, um Bergbauanlagen zu finanzieren. Ihre Geschichte reicht bis ins 14. Jahrhundert zurück.
Banco di San Giorgio
Der Entdecker Christoph Columbus unterhielt ein Konto bei ihr, der deutsche Kaiser Karl V. war die längste Zeit während seiner Regentschaft verschuldet bei der Bank des Heiligen Georg in Genua. Das Finanzinstitut gilt als erste "wirkliche" Aktiengesellschaft und wurde 1407 von einigen prominenten Familien der Stadt gegründet, darunter das Haus Grimaldi, heute Herrscher in Monaco.
Iglauer Tuchkompagnie
Die "Iglauer Tuchkompagnie", 1592 gegründet, die mit Stoffen handelte, verteilte ihren Reingewinn entsprechend der gelieferten Leistungen ihrer Mitglieder. Bei den Bergbaugesellschaften, Reedereien und Mühlengenossenschaften dieser Zeit waren Anteile einzelner Mitglieder sogar veräußerbar und Gewinn und Verlust wurden geteilt.
Niederländische Ostindische-Kompanie
Die erste "moderne" Aktiengesellschaft war die Niederländische Ostindische-Kompanie (1602 bis 1799) mit Hauptsitz in Amsterdam. Besondere Kennzeichen dieser legendären Vereinigung: Sie gab Aktien aus und gewährte Miteigentum am Unternehmen sowie Gewinnbeteiligung. Die Haftung war auf den Nominalwert begrenzt, die Erträge waren exorbitant. Auch konnten die Aktien jederzeit weiter verkauft werden.
Britische Ostindien-Kompanie
Erfolge wecken Begehrlichkeiten, deshalb entstanden bald viele ähnliche Unternehmungen. Den meisten war jedoch kein großer Erfolg beschieden. Nur die britische East-India Company überlebte alle anderen Gesellschaften. Sie bestand von 1613 bis 1858, also fast 250 Jahre! Die Kaufleute, die sogar oft über mehrere Generationen hinweg als Aktionäre beteiligt waren, machten hervorragende Geschäfte.
Hudson's Bay Company
Sie ist die wohl "zäheste" Aktiengesellschaft der Welt: Das kanadische Handelsunternehmen wurde am 2. Mai 1670 mit einem Privileg des Königs von England, Schottland und Irland gegründet. Angefangen hatte alles mit dem organisierten Fellhandel in Nordamerika. Heute ist die Gesellschaft für ihre Einkaufstempel in ganz Kanada bekannt, auch die deutsche Warenhauskette Kaufhof gehört ihr.
Dillinger Hüttenwerke
In Deutschland beginnt die Aktiengeschichte vergleichsweise spät: Im Jahr 1809 gab die Dillinger Hütte erstmals Anteilsscheine heraus. Allerdings war das Unternehmen bereits 1685 gegründet worden, blickt also insgesamt auf eine mehr als 300jährige Geschichte zurück. Heute beschäftigt das saarländische Hüttenwerk gut 5000 Mitarbeiter und gilt als das größte Grobblechwerk Europas.
Köln-Düsseldorfer Deutsche Rheinschiffahrt AG
Sie gelten als die ältesten börsennotierten Aktien Deutschlands. Seit dem Jahr 1832 wurden die Anteilsscheine der Betreibergesellschaft regionaler Ausflugsdampfer durchgehend gehandelt. Doch der neue Eigentümer, ein Schweizer Investor, will die im Streubesitz befindlichen drei Prozent der Aktien jetzt aus dem Handel nehmen - "Squeeze-Out" wird so ein Herausdrängen der Kleinaktionäre genannt.
Die Gründerzeit
Eine Aktienrechtsnovelle stärkte ab 1870 in Deutschland die neue Gesellschaftsform. Der gewonnene Krieg gegen Frankreich und die damit verbundenen gewaltigen Reparationszahlungen bescherten dem neu gegründeten Deutschen Kaiserreich (1871) einen Boom. Gesellschaften wie die Deutsche Bank (s. Foto: Gründungsaktie) und viele andere wurden in dieser Zeit gegründet oder in AGs umgewandelt.