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Ein Wintersportort rüstet um

Alexander Musik25. August 2008

Um auch außerhalb der Saison Gäste anzulocken setzt der renommierte österreichische Wintersportort Semmering auf neue Wege. Im Sommer und Herbst verwandelt er seine Skipisten in Mountainbike-Strecken.

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Mountainbikerin im Gelände (23. August 2008/AP)
Mountainbike statt Ski - Semering will auch außerhalb der Saison Gäste anlockenBild: AP

Noch ist es ruhig an diesem Morgen am "Zauberberg", wie die Betreiber des Mountainbike-Parks den Hirschenkogel werbewirksam tauften, als sie den Berg für den Sommersport verwandelten. Mit Protektoren und Helm geschützt steuern ein paar Kinder die – wegen ihrer breiten Reifen – so genannten Monsterroller die Piste hinab. Die Großen schieben ihre schweren Spezial-Räder durch die Sperre in die Kabinenbahn. Ossi und Ewald kommen jeden Monat. "Diese Strecke ist sehr anspruchsvoll", sagt Ossi. "Es gibt mehrere Varianten, Free ride, Downhill. Downhill ist nur im Wald, nur Wurzeln, sehr steil." Das Tolle an der Strecke sei, dass vom Beginner bis zum Profi alle Varianten dabei seien. "Bei jeder Fahrt runter kannst dich steigern, kannst was Neues ausprobieren, um deine Performance zu erhöhen."

Ossi und Ewald sehen aus wie Rugbyspieler: dick ausgepolsterte Shirts, enge Stretchhose, Ellenbogen- und Knieschoner, Helm. Anstatt 2.000 bis 5.000 Euro für ein Mountainbike auszugeben, leihen sie sich lieber eins hier am "Zauberberg". Das kostet mit 40 Euro pro Tag weniger – und das Equipment taugt etwas, sagt Ewald: "Starke Federgabel, starke Dämpfer, steif, stabil, schwerer natürlich als andere Räder, aber dafür hält es auch."

Bikepark nach kanadischem Vorbild

Sesselbahn steht still, Schneereste auf Wiese (30.11.2006/AP)
Schnee in der Wintersaison ist keine Selbstverständlichkeit mehrBild: AP

Immer weniger konnte in den vergangenen Jahren die Schneesicherheit garantiert werden, kein Wunder, dass immer weniger Ski-Touristen nach Semmering kamen. Die Bewohner der 600-Seelen-Gemeinde mussten sich etwas einfallen lassen. So wurde vor zwei Jahren der Bikepark eröffnet – im traditionellen Skiort Semmering. Der Berg gehört dem Fürsten von Liechtenstein, der aber nichts dagegen hatte, als die beiden Jung-Unternehmer Markus Merz und Philipp Wiedhofer bei ihm anklopften. Sie baten darum, einen Bikepark anlegen zu dürfen.

Nach kanadischem Vorbild, erklärt Peter Wurzinger von der Zauberberg-Betreibergesellschaft: "Als Vorbild nimmt man immer die besten, und die besten kommen im Mountainbike-Sport aus Kanada." Der Park am Whistler Mountain in British Columbia sei das Vorbild für die Architekten Merz und Wiedhofer gewesen. Also donnern jetzt im Sommer die Biker die Pisten und Wanderwege runter, 40.000 sind es im Jahr, sie reisen aus aller Welt an – sogar aus Australien. Und der Berg ist nun auch im Sommer und Herbst belebt, denn von Mai bis Oktober ist Bike-Saison.

"Wir müssen für alles offen sein."

Frau schiebt ein Mountainbike den Berg hoch
Der neue Mountainbike-Tourismus bringt GeldBild: Bilderbox

An der Talstation erwartet die Biker ein modernistisches Glascafé, in dem auch Herbert Schwaiger gerne zu Gast ist. Der kleine rundliche Mann hat einige der Skilifte am Semmering gebaut und schaut, wie die Geschäfte laufen. Offenbar laufen sie gut. "Das Biker-Geschäft im Sommer, da kommen schon sehr viel Eltern mit, Verwandte, Bekannte, die eigentlich den Tourismus schon beleben", zieht Herbert Schwaiger Bilanz. Er habe nie für möglich gehalten, dass der Bikepark so viele Besucher anziehen könnte. Aber: "Es ist halt in für die Jugend, es ist cool, und es schaut ganz gut aus."

Und es bringt dem Dorf auch jede Menge Geld. Aber es gibt auch noch ein anderes Semmering, 15 Minuten Fußweg von der Liftstation entfernt. Dort steht ein legendäres Grandhotel, alte Villen und das Panorama-Hotel Wagner, das ganz auf nachhaltigen Tourismus setzt. Hotelchef Josef Wagner hat aber nichts gegen den landschaftsverschleißenden Bike-Tourismus, auch wenn sein Haus nicht davon profitiert. "Wir müssen immer offen sein für alles", sagt er. "Und das war der Semmering in der Vergangenheit."