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Ein Duell auf Augenhöhe

16. Juli 2011

Zweifacher Weltmeister gegen Überraschungsmannschaft: Die USA sollten im WM-Finale gegen die Emporkömmlinge aus Japan eigentlich klarer Favorit sein. Sie sind es aber nicht.

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Symbolbild USA gegen Japan, Finale der Frauenfussball-WM 2011 (DW-Fotomontage)
Bild: AP/DW-Fotomontage

Pia Sundhage ist eine Frau der klaren Worte. Vor dem Turnier gefragt, wo sie am 17. Juli sein werde, hatte die schwedische Trainerin der US-Amerikanerinnen selbstbewusst geantwortet: "In Frankfurt, auf der Trainerbank". Dort in der ausverkauften Frankfurter Arena wird sie nun tatsächlich Platz nehmen und versuchen mit ihrem Team den dritten WM-Titel nach 1991 und 1999 einzufahren (17.07.2011, 20:45 Uhr MESZ). Doch auf dem Weg zu diesem Ziel ist Sundhage das Selbstbewusstsein etwas abhanden gekommen. Im US-Team herrsche vor dem Finale viel Respekt vor den spielstarken Japanerinnen: "Ich bin sehr beeindruckt, wie sie spielen".

Zum Topteam gereift

US-Trainerin Pia Sundhage (Foto: AP)
US-Trainerin Pia Sundhage ist 'beeindruckt' von JapanBild: dapd

Nicht nur Sundhage, die gesamte Fußball-Fachwelt rieb sich die Augen, als die im Schnitt nur 1,64 Meter großen Japanerinnen nacheinander zwei Favoriten aus dem Titelrennen warfen. Im Viertelfinale zermürbten sie Gastgeber Deutschland mit einem nahezu fehlerlosen Spiel und einem entscheidenden Konter in der Verlängerung. Auch den Schwedinnen ging es nicht besser, die im Halbfinale am Ende taktisch vorgeführt wurden. Japan, das war vor dem Turnier ein Team, das bei fünf WM-Teilnahmen vier Mal schon in der Gruppenphase scheiterte und auch sonst wenig zählbare Erfolge vorweisen konnte. Japan, das ist seit dieser WM eine der großen Mannschaften im internationalen Frauenfußball.

Norio Sasaki - der Kopf hinter dem japanischen Erfolg

Maßgeblichen Anteil daran hat ein Mann: Norio Sasaki, japanischer Nationaltrainer und Kopf hinter den taktischen Meisterleistungen seines Teams. Schon vor der WM hatte er – untypisch selbstbewusst für japanische Gepflogenheiten – den Titelgewinn als Ziel für seine Mannschaft ausgegeben. Damals hatten viele ihn dafür noch belächelt, doch Sasaki und seine Frauen gingen ihren Weg, vor allem dank verblüffender taktischer Disziplin: Das japanische Spiel besteht aus einem ebenso geschickten wie laufintensiven Verschieben der Mannschaftsteile, mit dem der Spielaufbau der Gegnerinnen dermaßen behindert wird, dass die irgendwann Fehler begehen. Und genau die nutzten die Japanerinnen stets mit beeindruckender Kaltschnäuzigkeit, sowohl gegen Deutschland als auch gegen Schweden.

Japanische Spielerinnen jubeln nach dem Halbfinal-Sieg gegen Schweden (Foto: dpa)
Taktische Disziplin trifft Spielkultur: Es ist ein besonderer Mix, der Japans Team stark macht.Bild: dapd

Eine Schlüsselrolle kommt dabei der erfahrenen wie torhungrigen Homare Sawa zu. Sie schoss bisher schon vier Tore, betont aber bei jeder Gelegenheit, dass der Erfolg des Teams viel wichtiger sei, als ihre Chance auf die WM-Torjägerkanone. Mit 172 Länderspielen ist sie so etwas wie die Birgit Prinz im japanischen Team – nur eben noch auf dem Zenit ihrer Leistungsfähigkeit. Abseits des Rasens bringt sie Beobachter zum Schmunzeln, weil sie eine Pressekonferenz im Stehen absolviert, "um nichts schmutzig zu machen", weil sie noch verschwitzt sei.

Wambach: "Das Endspiel reicht uns nicht"

Solcherlei höfliche Zurückhaltung ist der US-Stürmerin Abby Wambach eher fremd. Sie wurde jeweils als beste Torschützin ihres Teams bei den vergangenen beiden WM-Turnieren "nur" Dritte und nennt alles andere als den Titel eine "Enttäuschung". Alles, was sich in den Weg stelle, "können und wollen wir überwinden. Im Endspiel zu stehen, reicht uns längst nicht. Wir haben erst die Hälfte unserer Arbeit getan", sagte Wambach selbstbewusst.

Ihre Durchschlagskraft im Angriff könnte den Ausschlag geben für die USA, die aber auch wieder auf eine starke Leistung ihrer Torhüterin Hope Solo hoffen müssen angesichts der gefährlichen Offensivspielerinnen der japanischen "Nadeshiko". Es wird also aller Voraussicht nach ein Duell auf Augenhöhe, dessen Sieger neben dem WM-Pokal auch eine Prämie von 1,075 Millionen Euro winkt.

Autor: Joscha Weber

Redaktion: Jens Krepela