EHEC-Krisenmanagement soll verbessert werden
8. Juni 2011Bund und Länder haben am Mittwoch (08.06.2011) indirekt eingeräumt, dass ihr Krisenmanagement bei der der EHEC-Bekämpfung mangelhaft gelaufen ist. Nach dem ersten Sondertreffen der deutschen Verbraucher- und Gesundheitsminister seit Ausbruch der Krankheitswelle teilten die Minister mit: "Bund und Länder sind sich einig, dass nach dem aktuellen Geschehen eine sorgfältige Evaluierung der Zusammenarbeit zwischen EU, Bund und Ländern sowie zwischen den Gesundheits- und Lebensmittelüberwachungsbehörden erfolgt."
An dem Treffen nahm auch EU-Verbraucherkommissar John Dalli teil. Er äußerte sich diplomatisch zurückhaltend und sagte, für Kritik am deutschen Krisenmanagement sei nun nicht die passende Zeit. Dalli kündigte aber seinerseits eine entsprechende Prüfung und Bewertung des Umgangs mit der Krankheitswelle an. Dies solle nach der Bewältigung der Krise erfolgen.
Kompetenz-Wirrwarr
Auf Kritik war vor allem gestoßen, dass aus vielen unterschiedlichen Richtungen Stimmen zu der EHEC-Krise zu hören waren: Mal meldeten sich die Gesundheitsbehörden oder Verbraucherschutzminister in den Ländern zu Wort, dann wieder traten wissenschaftliche und beratende Bundesinstitute auf Pressekonferenzen auf. Daneben betätigten sich Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) und Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) unabhängig voneinander als Krisenmanager. Aigner richtete in ihrem Ministerium einen Krisenstab ein, während Bahr sich mit Mundschutz und Kittel im Hamburger Uniklinikum zeigte.
Diese Vielzahl der Stimmen sorgte in der Öffentlichkeit für immer mehr Verunsicherung – und für immer lautere Kritik. Es sei "ein bisschen unglücklich", wenn einzelne Landesminister mit Befunden "vorpreschen", meinte etwa Stefan Etgeton vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Karl Schmitz, Geschäftsführer der Bundesvereinigung der Erzeugergemeinschaften Obst und Gemüse, forderte von Regierungen und Behörden die pauschale Warnung vor Salat, Gurken und Tomaten zu differenzieren. Mitgliedern der "Task Force" beim Bundesministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz warf er Unkenntnis und fehlendes Fingerspitzengefühl vor.
Bahr sucht nach einheitlicher Stimme
"Es muss uns gelingen, mit einer Stimme zu sprechen, damit die Bürger nicht weiter verunsichert sind", räumte Bahr am Mittwoch in Berlin ein, schloss gleichzeitig aber die Einrichtung einer zentralen Seuchenbekämpfung aus. Bahr fügte hinzu, dass es sich bei der Infektionswelle um den schwersten jemals beobachteten EHEC-Ausbruch in Deutschland und Europa handele. Es sei nicht auszuschließen, dass es weitere Todesfälle und Neuinfektionen geben werde.
1900 Infektionen
Seit Anfang Mai erkranken immer mehr Menschen an einer durch das Bakterium EHEC (enterohämorrhagisches Escherichia coli) ausgelösten Durchfallerkrankung. Viele Patienten erleiden die schwere Verlaufsform HUS (hämolytisch-urämisches Syndrom). Nach offiziellen Angaben wurden bislang über 1900 EHEC-Infektionen registriert. Davon entwickelten rund 670 die schweren HUS-Komplikationen. Bislang sind 25 Menschen in Deutschland sowie eine Frau in Schweden an der Krankheit gestorben, die in der Regel mit blutigem Durchfall beginnt. Außer in Deutschland wurden in elf anderen Ländern EHEC- und HUS-Fälle registriert. In allen Fällen sollen die Patienten Verbindungen nach Deutschland gehabt haben. Zum Schutz vor der Krankheit warnen Experten unter anderem vor dem Verzehr von rohen Gurken, Tomaten und Blattsalat.
Autor: Martin Schrader (rtr, dpa, afp, dapd)
Redaktion: Gerd Winkelmann