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Egan Bernal steht vor historischem Tour-Sieg

Sarah Wiertz
27. Juli 2019

Er ist der erste Südamerikaner, der im Gelben Trikot in Paris einfahren wird: der Kolumbianer Egan Bernal. Der deutsche Radprofi Emanuel Buchmann jubelt, Frankreichs Liebling Julian Alaphilippe ist dagegen enttäuscht.

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Tour de France 20. Etappe. Egan  Bernal
Bild: picture-alliance/dpa/T. Camus

Es war eine kleine Geste, nur wenige Fahrer oder gar Zuschauer haben sie mitbekommen im Tumult des Hauptfeldes. Kurz nach dem Start der vorletzten, der 20. und damit entscheidenden Etappe, fuhr Julian Alaphilippe an Egan Bernal (Artikelbild) heran, sagte ihm eine paar Worte, die nur die beiden verstanden, und reichte ihm die Hand.

Der Franzose, der 14 Etappen lang bei dieser Frankreich-Rundfahrt das Gelbe Trikot trug, zollte dem neuen Träger des Gelben Trikots Respekt und beglückwünschte den Kolumbianer dazu, nun mit 45 Sekunden Vorsprung auf ihn auf dieses verkürzte Teilstück zu gehen. Bei der Chaos-Etappe am Vortag war das Rennen abrupt beendet worden, so dass Alaphilippe nun nachträglich gratulierte. Oder war es auch vorträglich zum Gesamtsieg?

Julian Alaphilippe musste vorzeitig abreißen lassen

Dass der Lokalmatador hier auf der 20. Etappe die Sehnsucht seiner Landsleute nach dem ersten französischen Sieg seit 34 Jahren doch noch stillen könnte, daran glaubte keiner mehr. Zu viel hatte sich Alaphilippe, der heute im ungewohnten blauen Trikot seines Rennstalls fuhr, in den vergangenen drei Wochen ausgepowert. Und im Gegensatz zum Führenden Bernal ist er auch kein Kletterer. 13 Kilometer vor dem Ziel musste Alaphilippe abreißen lassen, damit verabschiedete er sich endgültig von einem Podestplatz.

Nach dem vorzeitigen Abbruch der 19. Etappe hatten die Tourveranstalter kurzfristig auch die Streckenführung der 20. Etappe geändert. Aufgrund eines Erdrutsches war der Cormet de Roselend unpassierbar. Stattdessen ging es auf direktem Weg flach von Albertville zum Schlussanstieg nach Val Thorens (2365 Meter). Rund 33 Kilometer zieht sich der Anstieg hinauf- mit teilweise sehr steilen Passagen von mehr als acht Prozent Steigung.

Emanuel Buchmann - alleine im Kampf um einen Podestplatz

Tour de France 18. Etappe Emanuel Buchmann
Konnte Kruijswijk nicht abschütteln: Buchmann (r.)Bild: Reuters/C. Hartmann

Mitfahren. Abwarten. Vorbeifahren. Das war die Taktik vom deutschen Radprofi Emanuel Buchmann, um noch von Platz fünf in der Gesamtwertung auf einen Podiumsplatz zu fahren. Er fuhr in der zwölfköpfigen Gruppe um Bernal, Vorjahressieger Geraint Thomas und Steven Kruijswijk. Rund zwei Kilometer vor dem Ziel musste Buchmanns Rennstall-Helfer, Gregor Mühlberger, abreißen lassen. Von nun an war der Deutsche alleine im Kampf um Platz drei.

Radsport | Vincenzo Nibali  | Giro d'Italia
Etappensieger NibaliBild: AFP/Getty Images/L. Benies

Während der Italiener Vincenzo Nibali vorne weg und auch einen deutlichen Etappensieg einfuhr, attackierte Buchmann 600 Meter vor dem Ziel. Er versuchte auszureißen, sich abzusetzen, um irgendwie doch noch die fehlenden Sekunden auf Platz drei in der Gesamtwertung gut zu machen. Aber der 26-Jährige wurde schnell wieder eingeholt. Der künftige Tour de France-Sieger Bernal fuhr als Viertschnellster heute zusammen mit dem Gesamtzweitplatzierten Thomas, der ihm dabei anerkennend die Schulter klopfte, über die Ziellinie. Buchmann rollte gemeinsam mit dem Gesamtdrittplatzierten Kruijswijk ein. 25 Sekunden trennen die beiden nach rund 3250 Kilometern und 20 Tagen. 

"Vierter ist richtig geil", sagte der stets besonnene Buchmann gegenüber der ARD und zeigte dabei keinerlei Enttäuschung über den knapp verpassten Podestplatz. "Thomas und Kruijswijk waren einfach zu stark, mehr war einfach nicht drin." Und Bernal? Der Kolumbianer steht vor einem historischen Sieg: Er ist der erste Südamerikaner, der die Frankreich-Rundfahrt gewinnt. Emanuel Buchmann: "Er hat es sich verdient." Und Alaphilippe? Der saß nach dem Rennen mit gesenktem Kopf auf dem Boden, enttäuscht, auf den gefühlt letzten Metern noch alles hergegeben zu haben. Natürlich machten die Medien von ihm ein Bild, aber der Großteil scherte sich um Bernal, den erst 22-jährigen kommenden Tour-Sieger. Alaphilippe musste sich nicht zu ihm durchzwängen. Er hatte ihm ja schon bereits im Vorfeld gratuliert. 

Tour de France 20. Etappe Julian Alaphilippe
Enttäuscht und ausgepowert: AlaphilippeBild: Reuters/G. Fuentes
DW Kommentarbild Sarah Wiertz
Sarah Wiertz Teamleiterin Sport Online