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Drama am K2

Stefan Nestler 4. August 2008

Der zweithöchste Berg der Erde ist schön, aber gefährlich. Auf 281 Besteigungen bis Ende 2007 kamen 66 Todesfälle. Jetzt hat sich am "König der Berge", wie viele den K2 nennen, ein weiteres Drama ereignet.

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Blick auf den 8611 Meter hohen K 2, vom sogenannten Concordiaplatz aus, einem Zusammenfluss mehrerer Gletscher im Karakorum Quelle: Stefan Nestler
Der K2, 8611 Meter hoch, an der Grenze zwischen Pakistan und ChinaBild: Stefan Nestler

Eigentlich hätte es ein perfekter Gipfeltag sein können. Kein Sturm, kein Nebel, der K2 zeigt sich von seiner besten Seite. 17 Bergsteiger machen sich auf den Weg zum höchsten Punkt auf 8611 Metern. Einige sind jedoch spät dran, erreichen den Gipfel erst nach Einbruch der Dunkelheit.

Auf dem Rückweg dann das Inferno: Über dem "Flaschenhals", einer 70 Grad steilen Rinne auf 8200 Metern, bricht ein Eisturm zusammen und reißt mindestens einen Bergsteiger in den Tod. Die übrigen sitzen im Gipfelbereich fest, weil die Lawine die vorher angebrachten Sicherungsseile zerstört hat. Sie wagen es nicht mehr abzusteigen. "Es ist dort abends extrem kalt, das Eis entsprechend hart", sagt Ralf Dujmovits, mit 13 bestiegenen Achttausendern Deutschlands erfolgreichster Höhenbergsteiger, "die kommen dort einfach nicht mehr runter."

Damit geraten die Bergsteiger in einen Kreislauf, der oft tödlich endet: Sie müssen eine weitere Nacht in der "Todeszone" über 8000 Meter verbringen, in der sie sich nicht mehr erholen, sondern rapide an Kraft verlieren. Die Chance, sicher nach unten zu gelangen, sinkt damit deutlich. Einigen wenigen gelingt der Abstieg durch den "Flaschenhals" ohne Fixseil. Die anderen warten wohl vergeblich auf Hilfe. Hubschrauberflüge sind in dieser Höhe unmöglich. Und auch aus dem Basislager ist kaum Rettung zu erwarten. Selbst die schnellsten Bergsteiger bräuchten mindestens einen Tag, um 3000 Meter aufzusteigen und wären dann wahrscheinlich viel zu entkräftet, um anderen noch helfen zu können.

Schicksal oder Selbstüberschätzung?

Blick aus dem Zelt im Basislager auf den "König der Berge" Quelle: Stefan Nestler
Blick aus dem Zelt im Basislager auf den "König der Berge"Bild: Stefan Nestler

Wie viele Bergsteiger jetzt am K2 ums Leben gekommen sind, ist noch unklar. Die pakistanische Regierung spricht inzwischen von elf Toten. Damit handelt es sich um das folgenreichste Drama am K 2 seit 1986, als in einer Saison 13 Bergsteiger am zweithöchsten Berg der Erde ums Leben kamen. War es Schicksal oder führte menschliches Versagen zur aktuellen Tragödie?

Fest steht, dass einige Teilnehmer der Gipfelmannschaft viel zu spät unterwegs waren. Umkehrzeiten nach 15 Uhr seien extrem gefährlich, urteilt Ralf Dujmovits, der bei seiner erfolgreichen Besteigung 1994 um 11.10 Uhr den Gipfel erreichte: "Die Statistik zeigt, dass die meisten Unfälle am K 2 in den späten Nachmittags- und Abendstunden passierten, weil die Leute einfach zu erschöpft waren, um dann noch den sehr steilen, gefährlichen Abstieg in Angriff zu nehmen." Der Höhenbergsteiger aus Bühl im Schwarzwald wundert sich auch darüber, dass offenbar keiner der festsitzenden Bergsteiger ein zusätzliches Seil im Gepäck hatte. "Dann hätte man sich mit Eisschrauben Stück für Stück abseilen können."

Ein einstürzender Eisblock ist ein Risiko, das schwer kalkulierbar ist. Eine falsche Zeiteinteilung und fehlerhafte Ausrüstung sprechen jedoch für mangelnde Erfahrung zumindest einiger der betroffenen Bergsteiger. Ralf Dujmovits, der alljährlich an den Achttausendern im Himalaya und Karakorum unterwegs ist, sieht darin sogar so etwas wie einen Trend. Inzwischen versuchten sich Durchschnitts-Bergsteiger am K2, die gefährlichen Situationen einfach nicht gewachsen seien. "Der Respekt vor den riesigen Bergen hat sich verflüchtigt."