Dostojewski in Deutschland: Unterwegs im Schicksalsland
Vor 200 Jahren wurde der russische Schriftsteller Fjodor Dostojewski geboren. Deutschland war sein Schicksalsland – neben der russischen Heimat.
Dostojewskis Hassliebe zu Deutschland
Nirgendwo anders hat der russische Schriftsteller so viel Zeit außerhalb seiner Heimat verbracht wie in Deutschland. Bereits seine erste Auslandsreise 1862 mit 41 Jahren führte ihn nach Weimar, Berlin und Leipzig. Von 1869 bis 1871 lebte er fast zwei Jahre in Dresden, wo ihm auch dieses Denkmal gesetzt wurde. Mit dem Land von Goethe und Schiller verband Dostojewski eine innige Hassliebe.
Zwischen Ironie und Unverständnis
Dostojewskis Beziehung zu Deutschland und den Deutschen war ambivalent: Auf der einen Seite bewunderte er die Reichtümer der Kultur und war Dauergast in der Dresdner Gemäldegalerie, wo er die Sixtinische Madonna bestaunte; auf der anderen Seite erschienen ihm die Deutschen oft kleinlich, kalt und fremd. Das lag auch daran, dass Dostojewski die Sprache von Goethe nicht beherrschte.
Tragische Spielsucht
Getrübt wurde Dostojewskis Verhältnis zu Deutschland auch durch unschöne Erfahrungen, die er mit dem Land assoziierte. So war er unglücklich verliebt in die Nihilistin Polina Suslowa, mit der er Deutschland bereiste. Und seine krankhafte Spielsucht ließ ihn nicht los. Hier, im Casino Wiesbaden, spielte der Schriftsteller stundenlang - und verlor fast immer.
Vorbild für die "Roulettenburg"
Drei deutsche Städte - Baden-Baden, Wiesbaden und Bad Homburg - konkurrieren heute um den Ruf, die "Roulettenburg" aus dem Roman "Der Spieler" zu sein. Überall verzockte Dostojewski seine Einsätze, war aber auch immer sehr kreativ. So schrieb er in Wiesbaden "Verbrechen und Strafe", und in Baden-Baden (Bild) "Der Spieler". Dabei ernährte sich der verschuldete Russe zeitweise fast nur von Tee.
Bad Ems: "scheußlich" und rettend
In dem deutschen Kurort suchte Dostojewski weniger das mondäne Leben als Linderung für seine zahlreichen Erkrankungen. "Ich habe mich gesundheitlich niemals wohler gefühlt als in diesem scheußlichen Ems", schrieb er 1875 in einem Brief an seine Frau. "Und natürlich wäre ich, wenn ich im vergangenen Sommer nicht in Bad Ems gewesen wäre, sicher im vergangenen Winter gestorben."
Autor mit Welterfolg
Fjodor Dostojewskis Einfluss auf die deutsche Kultur war tief und nachhaltig. Bereits zu seinen Lebzeiten erschienen erste Übersetzungen seiner Romane ins Deutsche, seine Ideen beeindruckten zahlreiche deutsche Literaten von Franz Kafka und Hermann Hesse über Alfred Döblin bishin zu Martin Walser. Bis heute zählt er zu den meistgelesenen russischen Schriftstellern weltweit, auch in Deutschland.
Kenner der menschlichen Seele
"Man nennt mich einen Psychologen", schrieb Dostojewski über sich selbst. "Das stimmt aber nicht. Ich bin ein Realist - im wahrsten Sinne dieses Wortes. Ich beschreibe die Höhen und Abgründe der menschlichen Seele." Da machte er keine Unterschiede zwischen den Nationalitäten, und genau das macht den russischen Schriftsteller so universell und aktuell.