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Dietrich Bonhoeffer: Diese Freiheit ist Gnade

12. Februar 2016

Dietrich Bonhoeffer, ein Mann geistiger Freiheit, bereit, für Christus bis an die Grenzen, bis in den Tod zu gehen. Eine gnadenhafte Freiheit meint Pater Eberhard von Gemmingen SJ im Beitrag der katholischen Kirche.

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Bild: picture-alliance/dpa

Dietrich Bonhoeffer: Diese Freiheit ist Gnade

Der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer, der vor 70 Jahren starb, war ein Mann geistiger Freiheit. Er fand sie aus dem Glauben an Jesus Christus. Man kann ihn Märtyrer geistiger Freiheit nennen. Wenige Tage vor Kriegsende wurde er in Berlin gehängt. Als professioneller Theologe kritisierte er immer wieder Teile seiner evangelischen Kirche, die sich nicht offen gegen das Hitler-Regime und den Nationalsozialismus aussprachen. Es war für ihn ein geistlicher und geistiger Kampf, in dem er Jesus Christus immer näher kam und ihn immer besser verstand. Durch hartes Ringen kam er zur Überzeugung, dass Tyrannenmord erlaubt ist, auch wenn die Bibel lehrt: Du sollst nicht töten. Er hatte sich diese Entscheidung sehr schwer gemacht.

Viele Jahre vor seinem Tod hatte er bereits klar erkannt, dass es einen tödlichen Konflikt zwischen Hitler und den engagierten Christen geben würde. Damals erhielt er das Angebot, in den Vereinigten Staaten eine Professur zu übernehmen. Er lehnte ab, weil er nicht fliehen wollte. Er hätte eine Begründung gehabt, dem Konflikt zwischen den Christen und den Nazis auszuweichen. Er tat es nicht, weil es eine Flucht gewesen wäre. Im Gegensatz dazu versuchte er, immer mehr, evangelische Christen auf seine Seite zu ziehen und zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus zu bewegen. Gleichzeitig nutzte er seine Kontakte zu Kirchenleuten in England, um den Widerstand gegen Hitler zu stärken.

Zeugnis statt Flucht

Schließlich aber waren die Nazis klar auf seiner Spur. Er erhielt Predigt- und Schreibverbot. Sein Kontakt zu anderen Hitlergegnern wurde entdeckt. Im April 1943 wurde er wegen sogenannter Wehrkraftzersetzung verhaftet. Doch es dauerte noch zwei Jahre, bevor ihn die Nazirichter zum Tod durch den Strang verurteilten. Nackt musste er am 9. April 1945 an den Galgen gehen. Er verabschiedete sich von den Mitverurteilten, sprach ein Gebet und starb in großer innerer Ruhe – so der Lagerarzt.

Bonhoeffer ging aus freier und überlegter Zustimmung zu Jesus Christus in den Tod. Er hatte sie theologisch und spirituell gründlich und selbstkritisch reflektiert. Er machte sich seine Entscheidung nicht leicht, denn er versuchte, Gehorsam gegen staatliche Obrigkeit ernst zu nehmen. Auch für ihn galt: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist“ (Mt 22,21). Aber er hatte erkannt, dass der Hitlerstaat sich an die Stelle Gottes gesetzt hatte. Viele seiner Zeitgenossen sahen das nicht so klar. Sie waren feige oder sahen sich zum Gehorsam gegen den Staat verpflichtet. Bonhoeffer erkannte, dass er zum Widerstand aufgefordert war. Und er wusste, dass dies seinen Tod bedeuten könnte. In der Bereitschaft zum Tod für Christus zeigt sich Freiheit. Christ sein bedeutet Freiheit.

Christ sein bedeutet Freiheit

Diese Wahrheit droht, vergessen zu werden. Diese Freiheit ist Gnade. Sie wird grundgelegt in der Taufe. Aber die Freiheit muss gepflegt und personal angenommen werden. Jesus sucht Menschen, die nicht einfach Autoritäten blind gehorchen, sich einfach unterwerfen und ihre Verantwortung abgeben. Er sucht Menschen, die selbst denken, die wagen, die ihr Leben in die Waagschale werfen. Er selbst ist für die Sache Gottes an den Galgen gegangen. Frei und souverän. Als Jesus von den Soldaten gefangen wurde, sagte er zu ihnen: „Wenn ihr mich sucht, so lasst die Anderen gehen“ (Joh 18,8). Christentum braucht Zeugen, die bereit sind, bis an die Grenzen zu gehen, Menschen, die in geistiger Freiheit zu dem Mann Gottes aus Nazareth stehen. Gottlob gibt es zu allen Zeiten und in allen Kirchen und Gemeinschaften solche Menschen. Aber leider werden sie meist von der breiten Öffentlichkeit und den Medien übersehen. Man spricht lieber über Verrat und Mord, als über den Tod aus Liebe und Überzeugung im Glauben an Jesus Christus. Jesus Christus ist die größte geistige und kulturelle Quelle Europas. Man kann ihn vielleicht sogar den größten Europäer nennen, obwohl er im Nahen Osten lebte und starb.

Pater Eberhard von Gemmingen Radio Vatikan
Bild: picture-alliance/dpa

Pater Eberhard von Gemmingen SJ ist 1936 in Bad Rappenau geboren. Nachdem er 1957 in den Jesuitenorden eingetreten ist, studierte er 1959 Philosophie in Pullach bei München und Theologie in Innsbruck und Tübingen. 1968 erfolgte seine Priesterweihe. Pater Eberhard von Gemmingen SJ war Mitglied der ökumenischen Laienbewegung action 365, bischöflicher Beauftragter beim ZDF und Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan. Seit 2010 ist er Fundraiser der deutschen Jesuiten.

Kirchliche Verantwortung: Dr. Silvia Becker, Katholische Hörfunkbeauftragte und Alfred Herrmann