Rückblick
3. Juni 2008Im Vergleich zu Fußball-Weltmeisterschaften sind die Europameisterschaften noch eine relativ junge Einrichtung. Während bereits 1930 der erste Weltmeister ermittelt wurde, kürten die Europäer erst 1960 zum ersten Mal ihre beste Nationalmannschaft.
Ostblockangelegenheit
Und es war ein äußerst steiniger Weg, bis es tatsächlich dazu kam. Die Situation in den einzelnen Ländern war völlig unterschiedlich und daraus resultierten auch unterschiedliche Interessen. Die FIFA betrachtete eine Europameisterschaft als Konkurrenz zur WM, die Ostblockländer waren sehr interessiert, der Westen eher weniger. Vorläufer der EM wurde schließlich der von einem Österreicher ins Leben gerufenen International Cup, den es zwischen 1927 und 1960 gab.
Dann war es endlich soweit, man raufte sich zusammen, räumte auch die letzten Meinungsverschiedenheiten über den Modus aus und kam 1960 in Frankreich zur ersten Europameisterschaft zusammen - freilich ohne England, Italien oder Deutschland. Das Turnier wurde mehr oder weniger zur Ostblockangelegenheit, den Titel holte sich die Sowjetunion durch ein 2:1 nach Verlängerung gegen Jugoslawien. 29 Länder hatten insgesamt teilgenommen, die Endrunde wurde gerade einmal mit vier Mannschaften bestritten
1964 änderte sich die Situation nur unwesentlich, der Osten dominierte weiter, allerdings holte sich Gastgeber Spanien den Titel mit einem 2:1 über die Sowjetunion - es sollte Spaniens einziger Titel bei Welt- und Europameisterschaften bleiben. Erst 1968 in Italien hatte sich die EM bei ihrer dritten Austragung etabliert. Die Gastgeber siegten im Finale mit 2:0 im Wiederholungsspiel gegen Jugoslawien, nachdem die erste Partie 1:1 ausgegangen war. Deutschland war nun auch dabei - blieb aber schon in der Qualifikation gegen Jugoslawien und Albanien auf der Strecke.
Deutsche Glanzzeit
Die 1970er und 80er Jahre wurden zur Phase der Konsolidierung der EM - und die 70er zudem zur deutschen Glanzzeit. Zwei Titel und eine Finalteilnahme stehen in der Bilanz. 1972, zwei Jahre nach dem dritten Rang bei der WM in Mexiko, erlebten die Fans die vielleicht beste deutschen Mannschaft aller Zeiten, die im Finale in Brüssel die Sowjetunion mit 3:0 an die Wand spielte. Unvergessen auf dem Weg zu diesem Erfolg ist für alle Fußballfreunde der 3:1-Erfolg der deutschen Elf im Londoner Wembleystadion mit einem alles überragenden Günther Netzer.
Vier Jahre später in Jugoslawien war es nur das Pech - oder das Unvermögen - des heutigen Bayern-Managers Uli Hoeneß, das einen weiteren Triumph verhinderte. Im Finale gegen die Tschechoslowakei verschoß er den entscheidenden Elfmeter. Nach einem 2:2 gewannen die Tschechen das Elfmeterschießen mit 5:3.
Neue Fußballgroßmacht
Nach diesen beiden glanzvollen EM-Turnieren herrschte 1980 in Italien Tristesse - es war zweifellos eine der schwächsten EM-Endrunden und die Zuschauer blieben nach dem Aus der Gastgeber auch weg. Auch das deutsche Team konnte nicht mehr ganz an seine Glanzzeiten anknüpfen, doch es reichte noch zum Titelgewinn nach einem 2:1 über Belgien - die Tendenz zeigte aber schon nach unten.
Dort kam die deutsche Elf 1984 endgültig an - in Frankreich war spielerisch rein gar nichts zu sehen, in den Gruppenspielen verpasste Deutschland gegen Spanien, Portugal und Rumänien das Halbfinale. Wie Phoenix aus der Asche erschien Frankreich als neue Fußball-Großmacht auf die Bühne und holte sich den EM-Pokal mit 2:0 gegen Spanien.
1988 in Deutschland kam für den Gastgeber im Halbfinale ausgerechnet gegen die Niederlande mit 1:2 das aus - aber es war eine Aufwärtstendenz zu erkennen. Die deutschen Nachbarn sicherten sich schließlich auch den Titel mit 2:0 gegen die Sowjetunion.
Dänemark - die große Überraschung
Die positive Entwicklung der deutschen Elf setzte sich 1992 in Schweden fort, wo nur das kleine Dänemark Deutschland im Finale mit 2:0 bremsen konnten und damit für die vielleicht größte Sensation aller Europameisterschaften sorgte.
Hatte sich die EM bis dahin endgültig etabliert, wurde sie mit dem Endrundenturnier in England 1996 endgültig zum Mega-Ereignis. "Football's coming home" hieß das Motto und so war auch die Stimmung - und Deutschland war wieder obenauf. Durch das Golden Goal von Oliver Bierhoff gegen Tschechien kam die deutsche Elf zum dritten EM-Titelgewinn.
Danach ging es zumindest für die Deutschen wieder abwärts - aber so richtig. 2000 in Belgien und den Niederlanden war man in der Vorrunde gegen Portugal, Rumänien und England völlig chancenlos. Man war ja schon mit wenig Hoffnung zur EM gefahren - aber nur ein Punkt und ein Tor! Der Begriff Rumpelfußballer wurde geboren. In einem durch Offensivfußball geprägten Turnier gewann Frankreich am Ende mit 2:1 gegen Italien.
Hellenistischer Minimalismus
War es 2000 die Offensive, so war es 2004 die Defensive, die dominierte. Mit Minimalfußball holten sich die Griechen sensationell den Titel mit 1:0 gegen Gastgeber Portugal. Und die Deutschen? Nun, sie waren besser als vier Jahre zuvor - wieder gab es nur einen Punkt - aber zumindest zwei Tore.
Damit ist die DFB-Elf seit ihrem Triumph 1996 tatsächlich ohne jeden Sieg bei einer EM-Endrunde - nicht die besten Voraussetzungen für Österreich und die Schweiz.