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Neues US-Interesse

Darius Ossami2. Juli 2008

50 Jahre nach ihrer Demobilisierung stellen die USA ihre Vierte Flotte wieder in Dienst. Sie soll in den Gewässern Lateinamerikas patrouillieren. Beobachter fürchten die Rückkehr der US-Kanonenbootdiplomatie.

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Frontansicht eines Flugzeugträgers (Quelle: AP)
Auch ein Flugzeugträger gehört zur Vierten FlotteBild: AP

Die Vierte Flotte der US-Armee war während des Zweiten Weltkrieges gebildet und 1950 demobilisiert worden. Doch jetzt, 68 Jahre später, wird sie reaktiviert. Sie wird in Florida stationiert und in den Gewässern rund um Lateinamerika und in der Karibik eingesetzt. Die Vierte Flotte untersteht dem Südkommando ("Southern Command") der US-Streitkräfte, welches das Oberkommando über das gesamte US-Militär im lateinamerikanischen Raum hat. Aufgaben sollen der Kampf gegen den Drogenhandel, gemeinsame Militärübungen mit lateinamerikanischen Partnern, Ausbildung und humanitäre Aktionen sein.

Larry Birns vom regierungsunabhängigen Washingtoner "Council on Hemispheric Affairs" sieht in der Reaktivierung der Flotte die Rückkehr der amerikanischen Kanonenbootdiplomatie mit Lateinamerika. "Nach der großen Ablenkung durch den Irakkrieg, durch den das Augenmerk der USA auf Lateinamerika stark abgenommen hatte, scheint die Regierung zu Lateinamerika zurückzukehren", so Birns.

"Gegengewicht" zu Linksruck in Südamerika

Mann in rotem Hemd winkt (Quelle: AP)
Venezuelas Präsident liegt im Streit mit WashingtonBild: AP

Die Vierte Flotte als mobile Militärbasis könnte ein Schritt sein, den drohenden Verlust der Militärbasis in Manta in Ecuador zu kompensieren. Seit einiger Zeit kooperieren US-Ausbilder mit auch peruanischen Militärs; und am 12. Juni hat ein gemeinsames U-Boot-Manöver begonnen. Außerdem wurde die Militärhilfe für Panama erhöht. Für den ehemaligen venezolanischen Vizepräsidenten José Vicente Rangel verfolgen diese Aktivitäten eine gemeinsame Strategie. Im US-Visier steht seiner Meinung nach besonders die zunehmende Zahl links-orientierter Regierungen auf dem Kontinent.

"Um die Veränderungen zu stoppen, die sich in der Andenregion und in Lateinamerika entwickelt haben, arbeitet die nordamerikanische Regierung an der Bildung eines Gegengewichtes", so Rangel. "Dieses besteht aus Kolumbien und Peru." Die US-Kooperation mit den beiden Ländern soll offiziell den Kampf gegen Drogenhandel und Terrorismus verbessern. Für Rangel ist dies jedoch nur ein Vorwand.

Anti-Terrorkampf nur ein Vorwand?

Soldaten auf grüner Wiese, hinter Bäumen eine Explosion (Quelle: AP)
Der Kampf gegen den Drogenanbau ist eines der offiziellen Ziele der US-Militärkooperation mit KolumbienBild: AP

Diese Vermutung wird durch ein neues Strategiepapier des Southern Command untermauert, in dem am Konzept einer Hegemonie Nord- und Südamerikas unter US-Führung festgehalten wird. Unter anderem soll auf politisch-militärischen und diplomatischen Wegen die Bewegungsfreiheit des US-Militärs im gesamten amerikanischen Raum sichergestellt werden.

Ein Kernstück der neuen Strategie sind die so genannten "Theater Security Operations" zwischen den USA und Partnerstaaten. Diese bestehen aus einer Kombination aus militärischen Übungen, Instruktionen, Aufklärung und Militärhilfe. Als erklärte Gegner werden Drogenhandel und Terrorismus bezeichnet sowie alle, die diese unterstützen. Namentlich erwähnt werden die Guerilla-Organisationen Farc und ELN aus Kolumbien, sowie der Leuchtende Pfad aus Peru, der schon seit zehn Jahren kaum noch in Erscheinung getreten ist.

Spannungen steigen weiter

Larry Birns vom Council on Hemispheric Affairs sieht darin ein altes Muster bestätigt. "Schon immer haben die USA ihren Anti-Drogen-Krieg und andere Maßnahmen als Deckmantel für politische Eingriffe in der Region benutzt." Jetzt müsse der Kampf gegen den Terrorismus als Rechtfertigung herhalten. Doch gerade mit den "schlechten Beziehungen zwischen den USA und Venezuela ist der Zeitpunkt für militärischen Handlungen gerade besonders gefährlich".

Seit Anfang dieses Jahres mehren sich die Anzeichen für eine drohende Eskalation im südamerikanischen Raum. In diesem Gesamtbild nimmt sich die Reaktivierung der Vierten Flotte als mehr aus als eine administrative Maßnahme, wie das Southern Command immer beteuert. Sie ist Teil eines militärischen Säbelrasselns, das die Spannungen noch weiter anheizen könnte.