Ein deutscher Mythos
14. Mai 2009
Das "Lippische Landesmuseum" in Detmold ist eines von drei Museen, in denen die Ausstellung gezeigt wird. Sie ist der "Varusschlacht" vor 2000 Jahren gewidmet, auch bekannt als "Hermannsschlacht" oder "Schlacht am Teutoburger Wald". Hier werden Fakten und Mythen rund um ein Ereignis zusammengetragen, das zu den Gründungsmythen der deutschen Nation gehört. Die anderen Ausstellungsorte sind in Kalkriese und in Haltern am See.
Ein blonder Germane mit Flügelhelm - so war lange Zeit das Bild, das sich die Nachwelt vom germanischen Stammesführer Hermann dem Cherusker machte. Dabei war Arminius, so die latinisierte Form seines Namens, römischer Bürger. Er war in Rom erzogen und ausgebildet worden und hatte dem römischen Reich als Offizier gedient. Im Jahre 9 nach Christus hatte er den römischen Statthalter Publius Quinctilius Varus in einen Hinterhalt gelockt und dessen drei Legionen vernichtend geschlagen.
Das LWL-Römermuseum in Haltern am See widmet sich dem Themenschwerpunkt "Imperium". In Haltern hatte ein großes Militärlager des Imperium Romanum zur Zeit des Kaisers Augustus bestanden. Das Museum zeigt Kunst, Kultur und Propaganda der römischen Besatzungsmacht.
Einer der Höhepunkte der Haltener Ausstellung ist die Schwertscheide des sogenannten Tiberius-Schwertes, eine Leihgabe des British Museum in London. Die gut erhaltenen Messingbeschläge auf der Scheide des römischen Kurzschwertes zeigen unter anderem den römischen Kaiser Tiberius.
15.000 Mini-Römer rücken ins Museum ein. Die nur knapp sieben Zentimeter hohen Spielzeugfiguren stellen die drei Legionen des römischen Statthalters Varus dar, die bei der Schlacht im Jahre 9 nach Christus nahezu vollständig vernichtet wurden. Zu sehen sind sie in der Ausstellung "Imperium", die vom 16. Mai bis zum 11. Oktober in Haltern am See stattfindet.
Das Museum in Kalkriese widmet sich in seiner Sonderausstellung "Konflikt" den Kriegen zwischen Germanen und Römern nach der Varusschlacht. Dabei wollen die Aussteller die Klischeevorstellungen berichtigen, die Germanen seien nichts als "wilde und ungezügelte Barbaren" gewesen.
Dieses Exponat dürfte jedoch das Vorurteil von den "wilden Germanen" eher bestärken: Es sind die Schädel zweier Römer. Sie hatten auf einem Gutshof in der Nähe von Regensburg gelebt und waren wahrscheinlich von plündernden Germanen erschlagen worden.
Mehrere tausend Exponate aus ganz Europa sind für die Schau "Konflikt" zusammengetragen worden. Dazu gehört auch dieser römische Grabstein aus dem Rheinischen Landesmuseum in Trier. Seine Inschrift beklagt den frühen Tod des römischen Offiziers Hariulf. Er war aus burgundischem Adel und starb im Alter von 20 Jahren.
Im Lippischen Landesmuseum Detmold will man dem Mythos der Varusschlacht auf den Grund gehen. Wie aus Hermann dem Cherusker der erste deutsche Nationalheld wurde, dokumentieren zahlreiche Exponate aus 500 Jahren deutscher und europäischer Kunst-, Literatur- und Musikgeschichte. Hier ist es das Gemälde "Der siegreich vordringende Hermann" von Peter Janssen aus dem späten 19. Jahrhundert.
Der deutsche Dichter Heinrich von Kleist hatte dem Ereignis ein Drama gewidmet: "Hermannsschlacht". Darin werden aus der Sicht der deutschen Romantik die Geschehnisse aus der Zeit kurz nach Christi Geburt in martialischem Ton dargestellt - wie beispielsweise der Abschied Hermanns von seiner Frau Thusnelda. Kleist lässt den Helden sagen: "Nun, Thuschen, komm; ich hab Dir was zu sagen. (...) Die ganze Brut, die in den Leib Germaniens sich eingefilzt, wie ein Insektenschwarm, muss durch das Schwert der Rache jetzo sterben." Auch der Maler Johannes Gehrts hatte sich dieses Themas angenommen. Zu sehen ist sein Gemälde "Armin verabschiedet sich von Thusnelda".
"Der zurückweichende Varus" - ein Gemälde von Peter Janssen. Was geschah eigentlich wirklich mit dem vernichtend geschlagenen Feldherrn? Der Überlieferung nach soll er sich noch auf dem Schlachtfeld das Leben genommen haben, indem er sich in sein Schwert stürzte.
Realisation: Rachel Gessat / Dirk Kaufmann