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Die USA auf klarem Asienkurs

Rainer Sollich20. Oktober 2003

Allianzen festigen, Dominanz ausbauen. So könnte man den Sinn der Reise von US-Präsident Bush durch sechs asiatische Länder beschreiben. Im Gegensatz zu Europa haben die USA ein klares politisches Konzept für Asien.

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Zu Gast in Südkorea: George W. Bush mischt in Asien kräftig mitBild: AP

Ob in Japan, auf den Philippinen, oder beim APEC-Gipfel in Thailand: Auf jeder Station seiner Asienreise lässt George W. Bush klar erkennen, welche Interessen die Amerikaner in der Region verfolgen, wie wichtig ihnen diese Interessen sind und mit welcher Zielstrebigkeit sie vom Präsidenten verfolgt werden.

Bush bemüht sich bei seiner Sechs-Länder-Tour Mitte Oktober 2003 vor allem um weitere Unterstützung für den Kampf gegen den Terrorismus. Er sucht nach Beistand für Stabilisierung und Wiederaufbau im Irak. Er vertritt natürlich auch die Interessen der amerikanischen Wirtschaft, die sich von asiatischen Niedriglohnländern und der chinesischen Währungspolitik herausgefordert sieht. Auch baut er ganz gezielt die jetzt schon überwältigende amerikanische Dominanz in der Region aus. Denn ob wirtschaftlich, politisch oder militärisch: Keine fremde Macht übt heute einen größeren Einfluss in Asien aus als die USA.

Erwachende Giganten der Weltpolitik

Das strategische Interesse der Amerikaner an Asien ist berechtigt und nachvollziehbar: Der bevölkerungsreichste Kontinent der Erde darf vor allem sicherheitspolitisch nicht vernachlässigt werden. Nordkorea, Afghanistan, Kaschmir, Taiwan - die Region ist voll von akuten oder latenten Konfliktherden. Asien beherbergt drei Weltreligionen, beeindruckt mit wirtschaftlichen Wachstumsraten und ist zugleich Heimat für die Mehrzahl der armen Menschen auf dieser Welt. Zudem stellt der Kontinent mit China das bevölkerungsreichste Land der Erde, mit Indien die größte aller Demokratien, und mit Indonesien die numerisch stärkste Nation der islamischen Welt.

In jedem wichtigen Land präsent

Bush tut also gut daran, sich hier mit vollem Einsatz zu engagieren und konsequent bestehende Allianzen zu festigen. Und er trifft bisher auch den richtigen Ton: Südkorea und Japan dürfen sich über einen amerikanischen Kompromissvorschlag zum Nordkorea-Konflikt freuen, Thailand und die Philippinen werden zu immer wichtigeren Verbündeten im Anti-Terror-Kampf aufgebaut, und auch Indonesien wird für seine Kooperation belohnt – mit einem symbolkräftigen Besuch auf der Ferieninsel Bali, ein Jahr nach dem verheerenden Terroranschlag.

Wo ist die Europäische Union?

Es passt ins Bild, dass auf dem APEC-Gipfel in Bangkok neben Bush auch der russische Präsident Wladimir Putin vertreten ist, aber kein prominenter Vertreter aus Europa. Zwar behaupten alle asienpolitischen Papiere der EU inzwischen eine Gleichrangigkeit von Wirtschaftsinteressen, Demokratieförderung, Sicherheitsthemen und Menschenrechtsfragen. Aber wenn ein prominenter europäischer Spitzenpolitiker wie Gerhard Schröder in die Region reist, dann besteht sein Begleittross fast nur aus Wirtschaftsbossen. Ein bisschen Regierungsunterstützung in Afghanistan, ein bisschen Rechtsstaats-Dialog mit China, ein paar regionale Aufbauprojekte, aber bei Konflikten oft nur wohlfeile Appelle: Immer noch scheint es, als sähen die Europäer Asien vor allem als strategischen Konkurrenten und wirtschaftliche Verlockung.

Amerika dominiert die asiatische Agenda

Dabei würden sich neben wirtschaftlichen Gütern durchaus auch andere Dinge als europäische Exportschlager anbieten, etwa zivilgesellschaftliche Modelle oder das Prinzip des Gewaltverzichts. Doch die sicherheitspolitische Ausgestaltung des asiatischen Kontinents überlassen die Europäer weitgehend den Amerikanern. Der Rahmen, innerhalb dessen sie sich in Asien engagieren, ist genau derselbe, den Bush jetzt wieder einmal neu absteckt. Er hat eben das, was die Europäer nicht haben: Ein klares, strategisch über den Tag hinaus reichendes Konzept für die Region.