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Sympathische Schlitzohren

Diana Peßler

Helle, heeflisch, heemdiksch – die Mentalität der Sachsen ist so eigen wie ihr Dialekt. Viele Fremde und manche Einheimische sagen, dass Sächsisch primitiv klinge. Aber über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten.

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Figur im Dresdner Zwinger
Bild: ogolne - Fotolia.com

Fest steht: das Wesen des Sachsen ist alles andere als einfältig. Sachsen sind helle. Pfiffig, heißt das, kreativ. Was haben die Sachsen nicht alles erfunden: das europäische Porzellan, die Kaffee-Filtertüte, Inline-Skates.

Sachsen sind heeflisch. Das ist nicht zuletzt historisch bedingt. In Sachsen kreuzten sich seit dem Mittelalter die wichtigsten Handelsstraßen Europas. Handel und Wandel gedieh – es entstand eine florierende Region mit der seinerzeit größten Messe der Welt, Leipzig. Die Sachsen begrüßten ihre Gäste stets offen und mit dem gebotenen Respekt.

Sachsen sind heemdiksch, sympathische Schlitzohren eben. Sie arrangieren sich – mit einem guten Gespür für den richtigen Moment.

Sächsisches Manchester, Mailand und Florenz
Mit diesen Eigenschaften haben es die Sachsen weit gebracht. Wirtschaftlich ist das Land das bedeutendste unter den neuen Bundesländern, ein Abglanz früherer Tage. Im 19. Jahrhundert hatte sich Sachsen zum modernsten und innovativsten Wirtschaftsraum Deutschlands entwickelt. Als wichtigste Triebfeder der Industrialisierung fungierte die Textilindustrie in Chemnitz, dem "sächsischen Manchester". Die Wirtschaftsstruktur in Chemnitz ist bis heute schwerindustriell geprägt.

"Was in Chemnitz erarbeitet wird, wird in Leipzig gehandelt und in Dresden verprasst." So lautet ein altes Sprichwort. Die Zeugnisse der Verschwendungssucht sächsischer Regenten sind bis heute in Dresden zu bewundern. Die Stadt birgt prachtvolle Kunstschätze – alte und neue Meister, Porzellane, Skulpturen, Juwelen. Der deutsche Philosoph Johann Gottfried Herder taufte Dresden "das deutsche Florenz".

Die Wiege der Wende
Leipzig ist dagegen stolz, sich alles selbst erarbeitet zu haben. In der Messe- und Verlagsstadt herrschte stets ein freier Geist. Die reservierte Haltung der Bevölkerung zu den Regierenden zeigte sich zuletzt 1989. Leipzig gilt als Geburtsstätte der Wende. Mit den Montagsdemonstrationen leiteten die Leipziger den Sturz der DDR-Regierung ein.

Mit dem Mauerfall kam jedoch der demographische Einbruch. Laut einer Untersuchung des Berlin-Institutes hat Sachsen seit der Wende 562.000 Einwohner verloren. Obwohl sich das Land wirtschaftlich besser entwickelte als die anderen neuen Bundesländer, war der Bevölkerungsverlust der zweithöchste. Facharbeiter aus Industrieregionen seien grundsätzlich eher bereit abzuwandern, so das Institut.

Blick aus dem inzwischen abgerissenen Palast der Republik
Bild: picture-alliance/ dpa
Karl-Marx-Denkmal in Chemnitz
Bild: picture-alliance/ dpa

Die Menschen gehen. Die Wölfe kommen. Zwei Rudel jener Tiere, die in Mitteleuropa längst als ausgestorben galten, sind in die Oberlausitz zurückgekehrt.