Die Reisebegleiter des Außenministers
11. März 2010"Da der Opposition die politischen Argumente ausgehen, versuchen sie es jetzt mit persönlichen Attacken gegen mich und meine Familie." Mit drastischen Worten muss sich Außenminister Guido Westerwelle am Donnerstag (11.03.2010) auf seiner Brasilien-Reise in São Paulo verteidigen. Die politische Debatte in Deutschland dreht sich derzeit weniger um die Ergebnisse seiner Lateinamerika-Tour als um seine Begleitung. "Haltlos" nannte Außenamtssprecher Andreas Peschke Berichte über eine "Verquickung von privaten und dienstlichen Anliegen" durch den Vizekanzler.
Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, hatte Westerwelle die Verquickung vorgeworfen. "Ich habe große Zweifel, ob Westerwelle als Außenminister überhaupt ministrabel ist", sagte er der "Rheinischen Post". Das Auswärtige Amt verteidigte daraufhin die Mitreise von Westerwelles Lebensgefährten Michael Mronz. Dieser nehme "als Lebenspartner" an dem Besuch teil. Der Sportevent-Veranstalter wolle in São Paulo soziale Projekte besuchen.
Wer sind Westerwelles Begleiter?
Die "Berliner Zeitung" meldete am Donnerstag, Westerwelle habe auf Auslandsreisen Vertreter einer Firma mitgenommen, zu deren Eigentümern auch sein Bruder Kai Westerwelle gehöre. Dabei geht es um die Far Eastern Limited. Deren Mehrheitseigentümer und Geschäftsführer Ralf Marohn habe Westerwelle auf der Reise nach Asien im Januar begleitet. Der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Andreas Peschke, erklärte in São Paulo, Marohn sei "allein auf der Grundlage der fachlichen Expertise" mitgereist. Er berate unter anderem die Landesregierung von Rheinland-Pfalz und habe bereits Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) und Landesminister auf Auslandsreisen begleitet. Die Mainzer Staatskanzlei dementierte diese Aussagen. Marohn sei "niemals Delegationsmitglied auf Reisen des Ministerpräsidenten gewesen".
Ein weiterer Miteigentümer an der Far Eastern Limited sei die Mountain Partners AG aus der Schweiz, so die "Berliner Zeitung". Das Unternehmen gehört dem Westerwelle-Freund und FDP-Großspender Cornelius Boersch, der im Januar ebenfalls zusammen mit dem Außenminister in Asien weilte. Boersch war auch bei Westerwelles Antrittsbesuch in Estland dabei, wie der "Spiegel" am Wochenende berichtete. Dieser Meldung zufolge hat Boersch der FDP bislang über 160.000 Euro gespendet. Bis kurz nach der Wahl sei Westerwelle ferner im Beirat eines Tochter-Unternehmens gewesen und habe dafür jährlich mindestens 7000 Euro kassiert. Im vergangenen Jahr übernahm eine der Schweizer Boersch-Firmen die Mehrheit an der Mainzer Technologiefirma Arygon AG. Zu deren Aktionären und Aufsichtsratsmitgliedern zählte 2009 der "Berliner Zeitung" zufolge auch Westerwelles Lebensgefährte Michael Mronz.
"Herr Westerwelle sorgt liebevoll dafür, dass sein Lebenspartner, seine Familie und FDP-Großspender anstrengungslos zu noch mehr Wohlstand kommen", sagte Linken-Fraktionsvize Gesine Lötzsch ironisch. Es müsse in diesem Land noch erlaubt sein, "einen korrupten Politiker einen korrupten Politiker zu nennen", fügte sie hinzu.
Schlechte Luft im Auswärtigen Amt
Die Deutsche Presse Agentur (dpa) berichtet unterdessen von wachsendem Unmut im Auswärtigen Amt, da das Ministerium fast fünf Monate nach Westerwelles Amtsübernahme seit Wochen nicht aus den Negativ-Schlagzeilen herauskomme. Mitarbeiter beklagen, dass wichtige außenpolitische Fragen im Haus derzeit kaum noch eine Rolle spielten, so die dpa. Im Auswärtigen Amt hätten die Anträge auf Entsendung auf diplomatische Auslandsposten in letzter Zeit zugenommen. Die Zahl liege deutlich höher als sonst nach einem Regierungswechsel.
Schwulenfeindliche Untertöne?
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, sieht in der gegenwärtigen Kritik an Westerwelles Auslandsreisen schwulenfeindliche Untertöne. Er sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger", Westerwelle müsse "erklären, ob Spenden an die FDP Einfluss auf die Einladungspraxis seines Ministeriums bei Delegationsreisen haben. Für die Begleitung durch seinen Lebensgefährten muss er sich aber genauso wenig rechtfertigen, wie ein Außenminister, der seine Ehefrau mitnimmt."
Die Sprecherin des Lesben- und Schwulenverbandes, Renate Rampf, erklärte dem "Kölner Stadt-Anzeiger", die Tatsache, dass der Außenminister schwul sei und seinen Partner mitnehme, führe zu "höherer Kritikbereitschaft. Wir warnen vor einem unterschwelligen Ton."
Wer ist Michael Mronz?
Eine deutliche Mehrheit der Deutschen - 59 Prozent - findet es in Ordnung, dass Michael Mronz Außenminister Westerwelle auf offiziellen Reisen begleitet. 39 Prozent sehen das anders: Sie vermuten, Mronz könnte die Reisen in erster Linie zur Anbahnung privater Geschäfte nutzen. Das ergab eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid für den Nachrichtensender "N24".
Seit 2003 sind der Unternehmer Mronz und FDP-Chef Westerwelle ein Paar. Die Öffentlichkeit erfuhr davon im Juli 2004, als sich die beiden gemeinsam bei der Feier zum 50. Geburtstag von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigten.
Autor: Stefanie Zießnitz (afp, apn, dpa, rtr)
Redaktion: Julia Elvers-Guyot