Die Quadratur der Kunst: Kasimir Malewitsch
Das "Schwarzes Quadrat" gilt als Ikone der Moderne. Gemalt wurde es vom russischen Avantgarde-Künstler Kasimir Malewitsch. Nun wird unter der schwarzen Farbe noch ein weiteres Werk vermutet.
Wegbereiter der Moderne
Kasimir Malewitsch - das Selbstportrait zeigt den Künstler im Jahr 1933. Der von ihm begründete Suprematismus war für Malewitsch der Nullpunkt der Malerei: Abstraktion in Reinform.
Kämpfer für eine neue Kunst
Kasimir Malewitsch wurde 1879 in Kiew geboren und starb 1935 in Leningrad. Er gilt nicht nur als Wegbereiter des Kubismus, sondern auch als Erfinder des Suprematismus. Die Utopie eines neuen Menschen zog sich durch alle Lebensbereiche: Malewitsch schuf Architekturmodelle, arbeitete als Lehrer und entwarf Kostüme für eine futuristische Oper. Über allem stand die Suche nach der Gegenstandlosigkeit.
Französischer Einfluss
Der Weg in die Abstraktion verläuft in Etappen. Anfangs ist Malewitsch vom französischen Impressionismus beeinflusst: Die Landschaft mit dem rosafarbenen Haus könnte auch von Monet oder Cézanne stammen. Das Gemälde stammt aus dem Jahr 1911. Damals galt Moskau als Paris des Ostens.
Avantgarde im Aufbruch
In den 1910er Jahren schließt Malewitsch sich verschiedenen Avantgardebewegungen an: Dem Neoprimitivismus folgend - der Name drückt die Begeisterung für primitive Formen aus - malt er folkloristische Motive: Bauern mit Sense und Arbeiter im Wald. Doch allmählich ist der Weg in die Abstraktion erkennbar: Dieses Gemälde heißt "Mädchenkopf" und beschreibt schon den Übergang zum nächsten "-ismus"...
Kubofuturismus
Beim Kubofuturismus wurden Erfahrungen und Elemente des Kubismus und des Futurismus miteinander verschmolzen. Malewitsch zerlegte gegenständlichen Motive in zylindrische Formelemente. Das Gemälde "Leben im Grand Hotel" malte er 1913. Der Kubofuturismus war ein Schritt in Richtung des von Malewitsch begründeten Suprematismus.
Moderne Ikonen
Von der russischen Volkskunst übernimmt Malewitsch die geometrischen Formen und auch die Farbsymbolik. Dabei greift er meist auf die sieben Farben der Ikonenmalerei zurück: Schwarz, Weiß, Gelb, Blau, Rot, Grün und Rosa. In der Ikonenmalerei stehen die Farben Schwarz und Weiß für den Anfang und das Ende, zwischen denen sich das Leben des gesamten Kosmos entwickelt.
Gegenstandlosigkeit als höchstes Gut
Der Höhepunkt der Reduktion ist das "Schwarze Quadrat auf weißem Grund" aus dem Jahr 1915. Für Malewitsch ist es eine moderne Ikone. Das Schwarze Quadrat darf die Tretjakow Galerie in Moskau aus konservatorischen Gründen nicht mehr verlassen. Das Schwarz bildet einen starken Kontrast zum weißen Grund und übt eine suggestive Wirkung aus.
Handschrift des Malers
Malewitschs suprematistischen Bildern sieht man immer an, dass sie mit der Hand - und nicht etwa mit der Schablone - gemalt wurden. Ob Kreuze oder schwebende Linien auf weißem Hintergrund: Die Formen haben haben eine stark gemalte Präsenz. Damit bewahrt Malewitsch den individuellen und authentischen Charakter seiner Kunstwerke.
Kunsterziehung
Die Utopie eines neuen Menschen war bei Malewitsch allgegenwärtig: Er war nicht nur Künstler, sondern auch Theoretiker und Lehrer. In den 1920er Jahren kam er über Warschau nach Berlin und verbreitete seine Manifeste auf Deutsch. Die "Organische Kunstkultur" entstand in dieser Zeit. Darin sind auch die von ihm präferierten Farben seiner Werke zu erkennen.
Zurück zum Abbild
In der Bundeskunsthalle in Bonn war 2014 die spektakuläre Werkschau "Kasimir Malewitsch und die russische Avantgarde" zu sehen. Sie vereinte Werke aus zwei Privatsammlungen von Nikolai Chardschijew und George Costakis. Den beiden Freunden Malewitschs ist es zu verdanken, dass sein Werk so vollständig erhalten ist. In Bonn war auch dieses rätselhafte Spätwerk Malewitschs zu sehen.