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Zurück an die Macht

22. September 2009

Die letzte Regierungsbeteiligung der FDP liegt lange zurück, sie endete 1998. Mit ihrem Partei- und Fraktionsvorsitzenden Guido Westerwelle soll die Zeit des Wartens nun endlich ein Ende haben.

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Guido Westerwelle ballt die Fäuste, als er auf dem Parteitag der FDP im Mai 2009 in Hannover zu den Delegierten spricht (Foto: AP) Foto: AP
Geballte FDP-Power: Guido WesterwelleBild: AP

Er ist zwar erst 47 Jahre alt, aber trotzdem fast schon Rekordhalter. Nur der legendäre Hans-Dietrich Genscher war länger FDP-Vorsitzender (1974-1985). Seit 2001 sitzt Guido Westerwelle auf dem Chefsessel, und dort wird er nach Lage der Dinge auch noch eine ganze Weile bleiben. Auf dem letzten FDP-Parteitag in Hannover wurde Westerwelle mit knapp 96 Prozent im Amt bestätigt. Mehr denn je prägt der Rheinländer die Liberalen, deren Fraktionsvorsitzender im Deutschen Bundestag er seit 2006 ebenfalls ist.

Keine Konkurrenz in den eigenen Reihen

Während die anderen Oppositionsparteien, Grüne und Linke, auf die Doppelspitzen Künast/Trittin und Gysi/Lafontaine setzen, ist bei der FDP alles auf Westerwelle ausgerichtet. Mit seiner Allgegenwart handelt er sich einerseits immer wieder den Vorwurf ein, seine Partei in eine One-Man-Show verwandelt zu haben. Andererseits gibt es in der FDP weit und breit keinen, der dem rhetorisch brillanten Frontmann das Wasser reichen könnte.

Ein gut gelaunter Gudio Westerwelle auf einer FDP-Veranstaltung im Januar 2009 in Stuttgart (Foto: DPA) Foto: dpa
Erfolg sorgt für gute LauneBild: picture-alliance / dpa

Mit Westerwelle kehrte zudem der Erfolg zurück. Als er die Parteiführung übernahm, dümpelte die FDP mehr oder weniger orientierungs- und profillos vor sich hin. Auf Bundesebene fristete sie nach fast 30 Jahren Regierungsbeteiligung seit 1998 ein bescheidenes Oppositionsdasein; in vielen der 16 Länderparlamente waren die Liberalen erst gar nicht vertreten. Das hat sich in den Jahren unter Westerwelle grundlegend geändert. Die FDP eilte von Wahlsieg zu Wahlsieg und regiert in mehreren Bundesländern mit, darunter im 17 Millionen Einwohner starken und entsprechend einflussreichen Nordrhein-Westfalen.

Notfalls eine "Jamaika-Koalition"

Nur der ganz große Wurf blieb den Liberalen und damit auch Westerwelle verwehrt: die Rückkehr auf die Regierungsbank in Berlin. Vor vier Jahren wurde das Ziel trotz eines fast zweistelligen Ergebnisses verpasst, mit dem die FDP zur stärksten Oppositionsfraktion wurde. Das angestrebte Bündnis mit der Union (CDU/CSU) scheiterte an der Schwäche der Konservativen. Die sind auch für die anstehende Wahl Westerwelles Wunschpartner. Notfalls könnte er sich auch ein Dreier-Bündnis unter Beteiligung der Grünen vorstellen. Diese Kombination wird in Anlehnung an die Farben eines kleinen Karibik-Staates auch als "Jamaika-Koalition" bezeichnet.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und FDP-Chef Guido Westerwelle unterhalten sich gut gelaunt im Deutschen Bundestag (Foto: AP) Foto: AP
Guido Westerwelles Traum: Eine Koalition mit Bundeskanzlerin Angela MerkelBild: AP

Keinerlei Sympathien hegt Westerwelle für eine andere Dreier-Variante, die so genannte Ampel-Koalition aus Roten (SPD), Gelben (FDP) und Grünen. Den Sozialdemokraten traut der FDP-Chef sogar zu, entgegen allen Beteuerungen eine Regierung mit Linken und Grünen zu schmieden, wenn es denn rechnerisch möglich sein sollte. Ein Links-Bündnis zu verhindern, ist deshalb Westerwelles zweitwichtigstes Wahlziel. Absoluten Vorrang hat eine Koalition aus Liberalen und Konservativen, die der feinsinnige Sammler moderner Kunst als bürgerliche Mitte bezeichnet.

Außenminister Westerwelle?

In einer schwarz-gelben Regierung könnte Westerwelle Außenminister und Vizekanzler werden. Ein Amt, das zur liberalen Tradition gehört. Von 1969 bis 1998 war es fast ununterbrochen in den Händen der FDP-Politiker Walter Scheel, Hans-Dietrich Genscher und Klaus Kinkel. Westerwelles großes Vorbild Genscher leitete das Auswärtige Amt sogar 18 Jahre lang.

In einem anderen Amt ist er Genscher aber schon dicht auf den Fersen: Westerwelle fehlen nur noch drei Jahre, um länger als Genscher FDP-Vorsitzender zu sein. Die Bestmarke liegt derzeit bei elf Jahren.

Autor: Marcel Fürstenau

Redaktion: Kay-Alexander Scholz