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Musik

Die deutsche Volksmusik-Ikone Heino wird 80

12. Dezember 2018

Schwarze Sonnenbrille, blondes Haar: Heino ist Deutschlands berühmtester Volksmusikstar und eine Kultfigur. "Schwarzbraun ist die Haselnuss" ist nicht das einzige musikalische Denkmal, das er sich gesetzt hat.

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Heino mit T-Shirt mit dem Aufdruck «80 Na und!»
Bild: picture-alliance/dpa/H. Ossinger

Seit 1967 ist Heino das berühmteste Gesicht des deutschen Schlagertums. Und zwar bis heute. Während seine Kollegen von damals entweder gar nicht mehr unter den Lebenden weilen oder sich altersbedingt äußerlich stark verändert haben, ist er seinem ikonischen Abbild treu geblieben: Sehr helle Haare und eine sehr dunkle Sonnenbrille - die er aufgrund einer Augenkrankheit tragen muss. Egal ob er einen schlichten Rollkragenpullover mit Jackett trägt oder sich totenkopfberingt in eine schwarze Lederjacke wirft.

Heino ist nicht nur bei Schlagerfans Kult. Nahezu jeder in Deutschland kennt ihn. Die, die man heute "Best Agers" nennt, sind mit seinen Liedern zwangsläufig aufgewachsen, weil diese in den elterlichen Wohnstuben aus den Kofferradios und Musiktruhen schallten. Die nächste Generation hat ihn neben Dieter Bohlen in der Jury der TV-Casting-Show "Deutschland sucht den Superstar" gesehen und kennt seine Handywerbung ("So schnell, schnell, schnell ist das LTE"). Fans so ziemlich jeder bekannten deutschen Rockband wissen, dass Heino von den Ärzten bis Rammstein alles gecovert hat, was ihm in die Finger kam - und dass er in Wacken auf der Bühne stand, beim größten Metal-Festival der Welt.

Heino mit Totenkopfring und Wacken-Pommesgabel
Ein richtig harter Junge: Metal-Gruß mit TotenkopfBild: picture-alliance/dpa

"Die Lieder können doch nichts dafür"

Man weiß auch, dass Heino, der eigentlich Heinz Georg Kramm heißt, schon mal Volksweisen sang, die auch gerne von den Nazis geschmettert wurden. Darauf angesprochen, meint er: "Die Lieder können doch nichts dafür." Auch bekannt ist, dass Heino 1983 und 1986 eine Tournee durch Südafrika machte - als das Land noch unter dem Apartheidsregime stand und international geächtet war. Und auch diese Geschichte kennt man: 1993 nahm er das "Deutschlandlied" auf - also die deutsche Nationalhymne - allerdings mit allen drei Strophen, somit auch mit der, die im Dritten Reich gesungen wurde ("Deutschland, Deutschland über alles"). Diese Aufnahme wurde an Schulen verteilt.

2013 bringt er in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" ein Hitlerzitat. Auf eine Frage zu seiner damals neuesten Platte sagte er: "Wenn ich jetzt umfalle und tot bin, dann ist es das letzte Album gewesen. Das weiß man nicht. Aber noch bin ich ja hart wie Kruppstahl, zäh wie Leder und flink wie ein Windhund." Eine etwas unglückliche Wortwahl, die er später auch relativiert: Er habe nicht gewusst, dass es sich um ein Hitler-Zitat handele. Den Ruch einer gewissen Sympathie für rechte Gesinnung weist Heino vehement von sich: "Ich bin nicht schwarz-braun, ihr Haselnüsse!"

Heino mit Gitarre und Hannelore vorm Kamin Foto von 1981
Seit gut 40 Jahren das Traumpaar der Volksmusik: Heino und HanneloreBild: picture-alliance/dpa

Musikalischer Heimatminister

Ob schwarz, braun oder blond - der Mann gehört zur deutschen Volksmusikszene wie kein anderer: Schließlich bewahrt er in einer Zeit, in der sich die halbe Welt in einem kulturellen und gesellschaftlichen Umbruch befindet, ein Stück deutscher Seele. Vor dem Hintergrund der Studentenrevolten der 68er, der Flower-Power-Bewegung und Beat-Revolution, singt der damals 30-Jährige von Heimat, Bergen, Tälern und Wäldern, von Enzian, Pferden, Indianern und Cowboys. Damit verkauft er in Deutschland mehr Platten als die Beatles. "Ich zeichne in meinen Liedern die heile Welt, weil ich eine heile Welt haben will", sagt er viel später in einem Interview. 

Solide Stehaufmännchen-Mentalität

Das Konzept hält sich jahrzehntelang, Heino bleibt sich treu. Damit häuft er Musikpreise, Goldene- und Platinschallplatten an. Er hält es aus, dass er ständig parodiert, belächelt und verschmäht wird. Ein deutscher Musikkritiker bezeichnet ihn als "Brechmittel der Generationen". Sogar im Ausland fällt er auf: Punk-Ikone und Ex-Dead-Kennedys-Sänger Jello Biafra hat, nur um zu dokumentieren, "was für eine unglaubliche Scheißmusik es auf der Welt gibt", eine komplette Heino-Plattensammlung angelegt. 

Heino lässt sich nicht beirren und zeigt immer wieder seine unerschütterliche Stehaufmännchen-Mentalität. Mit seiner dritten Ehefrau an der Seite - der nicht minder berühmten Hannelore - eröffnet er ein Café in einem Kurort in der Eifel und kredenzt eine ebenfalls kultgewordene Torte - aus schwarzbraunen Haselnüssen, versteht sich. Als das Café nach 16 Jahren einem Outlet-Store weichen muss, geht er nach erstem Grummeln mit den neuen Besitzern eine lukrative Symbiose ein: Er singt fürs shoppende Publikum, das sich dann nach der Schnäppchenjagd in seinem neuen Heino-Café stärken kann.

Totenkopflogo mit Sonnenbrille und blonden Haaren
Für einen echten Metaller muss ein vernünftiges Logo herBild: picture-alliance/dpa/Starwatch/Benedikt von Stauffenberg

Metamorphose als Karriere-Kick

Musikalisch betritt Heino mit über 70 Jahren Neuland: Er entdeckt die Rockmusik für sich. 2013 bringt er ein Album heraus, das die Nation mehr spaltet als eine unbedacht dahingeträllerte Volksweise aus dem Liederbuch der Nationalsozialisten: Unter dem Titel "Mit freundlichen Grüßen (Das verbotene Album)" covert er fröhlich Songs seiner deutschen Pop- und Rock-Kollegen. Die meisten der Betroffenen sind schier entsetzt und versuchen, die Songs zu verbieten. Keine Chance: Wenn gecoverte Lieder 1:1 wiedergegeben werden, ist das alles rechtens, solange die Urheber die Tantiemen erhalten.

Bandfoto der Toten Hosen
Not amused: Die Toten HosenBild: Carla Meurer

Bands wie Oomph! und Die Ärzte müssen fassungslos mit anhören, wie Heino ihre Hits "Augen auf" und "Junge" knödelt. Seine alten Erzfeinde, die Toten Hosen, sind zwar nicht mit einem Song vertreten, fühlen sich aber schmerzhaft daran erinnert, dass Heino 20 Jahre zuvor nicht so viel Spaß verstand, als die Hosen die Figur Heino auf ihre Art "coverten": Sie gingen in den 1980ern mit ihrem Punk-Freund Norbert Hähnel in der Rolle des "Wahren Heino" auf Tour - bis Heino dies per Gerichtsbeschluss verbieten ließ.

Die einzigen, die mit dieser merkwürdigen Heino-Rock-Platte umgehen können, sind die Schwergewichte von Rammstein. Sie laden Heino auf das Metal-Festival in Wacken ein. Vor 75.000 Metallern steht der 74-Jährige stocksteif zwischen wüster Pyrotechnik und 400 Kilowatt Sound-Geballer und singt tapfer die Rammstein-Nummer "Sonne". In gebührendem Abstand von Till Lindemann, der wirkt, als werde er ihn gleich mit Haut und Haaren verschlingen. Die Metalheads im Publikum und im Netz sind geteilter Meinung darüber, ob dieser Auftritt würdig war oder eher peinlich.

Aber Heino hat Blut geleckt. Zumal sein umstrittenes Album auf Platz eins der deutschen Charts gelandet ist. So kommt ein Jahr später die nächste Rockplatte mit dem Titel "Schwarz ist der Enzian" heraus. 2016 veröffentlicht er zur Fußballeuropameisterschaft das Album "Arschkarte" mit gecoverten Fußballklassikern. 

Plattencover zeigt einen stilisieren, grinsenden Heino
Heino grinst sich einen zum AbschiedBild: picture-alliance/dpa

...und Tschüss

Im November 2018 erscheint schließlich Heinos Abschiedsgeschenk - für seine Fans und auch für seine Feinde. Denn hier covert er nochmal was das Zeug hält: Unter anderem auch "Tage wie diese" von den Toten Hosen und den Rammstein-Titel "Engel". Letzteren muss er angeblich in letzter Minute von der Platte nehmen: Das sei mit Rammstein nicht abgesprochen gewesen. Ein kleiner PR-Gag, um den Verkauf des Albums zu pushen? Der aufmerksame Leser weiß doch, das 1:1 Covern erlaubt ist...

Mit dem Album "...und Tschüss" geht Deutschlands berühmtester Volksbarde im März 2019 auf eine Abschiedstournee - dann wird er in Ruhe seinen Lebensabend genießen, mit seiner Frau Hannelore, die seit ihrer Hochzeit 1979 nicht von seiner Seite weicht, und der man auch nachsagt, dass sie ihren Mann zu dem gemacht hat, was er heute ist: Eine "coole Sau".

Wuensch Silke Kommentarbild App
Silke Wünsch Redakteurin, Autorin und Reporterin bei Culture Online