Künste der Welt in Köln
24. Juli 2012Nach Gefängnis, Folter und politischen Repressionen in seinem Heimatland China kam der Schriftsteller Liao Yiwu im letzten Jahr nach Deutschland. In seinen Werken setzt er sich kritisch mit den politischen Zuständen in China und der Situation von Menschen am Rande der chinesischen Gesellschaft auseinander. Dieses Jahr gewann er für sein Engagement den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.
Ein internationaler Auftrag
Liao Yiwu ist einer der 13 ersten Mitglieder der Ende Juni 2012 gegründeten Akademie der Künste der Welt in Köln. Und er ist nicht der einzige mit einer bewegten Vergangenheit. Ali Samadi Ahadi floh mit dreizehn Jahren während des ersten Golfkriegs nach Deutschland, um nicht von der iranischen Armee eingezogen zu werden. Hier wurde der Regisseur und Drehbuchautor unter anderem mit "Lost Children" bekannt, einer Dokumentation über ugandische Kindersoldaten, die 2006 mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet wurde. Weitere Mitglieder der Akademie sind unter anderem die indische Dokumentarfilmerin Madhusree Dutta, der samoanische Choreograph Lemi Ponifasio und die israelische Kuratorin Galit Eilat.
Die Akademie soll das Kölner Kulturleben ergänzen - vor allem um ein Angebot an zeitgenössischer außereuropäischer Kunst. Die Idee geht auf Navid Kermani zurück. Der deutsch-iranische Autor hatte 2007 der damaligen Kölner Stadtverwaltung die Errichtung einer Dependance des Hauses der Kulturen der Welt in Berlin vorgeschlagen. Er selbst ist dort "permanent fellow", also eine Art ständiges Mitglied.
Für Sigrid Gareis, die Generalsekretärin der Akademie, hat das Projekt Modellcharakter: "Neu ist, dass man den nationalstaatlichen Gedanken, wie er etwa der Académie française oder der Akademie der Künste in Berlin zugrunde liegt, beiseite stellt. Die Zielrichtung ist explizit global", so Gareis.
Alle Sparten dynamisch vereint
Ausgewählt hat die Mitglieder der Akademie eine Berufungskommission, der es neben der Qualität der künstlerischen Arbeit vor allem um drei Aspekte ging, wie Georg Quander, Kulturdezernent der Stadt Köln erläutert: "Erstens, dass sich in der Akademie alle Sparten abbilden, also Film, Tanz, Literatur, bildende Kunst, Musik. Zum Zweiten sollen Künstler aus aller Welt hierher kommen. Drittens soll es sich um Künstler handeln, die noch voll im künstlerischen Schaffensprozess stehen." Die Kunstschaffenden der Akademie würden auch nicht auf Lebenszeit, sondern zunächst für fünf Jahre berufen. "Wir wollen eine Einrichtung haben, die dynamisch ist, Veränderungen aufnehmen kann und in die Stadtgesellschaft strahlt, die also nicht nur honorig ist, sondern in das Kunst- und Kulturleben der Stadt und des Landes aktiv eingreift", so Quander.
Und von der Akademie werde nicht nur Künstlerisches zu erwarten sein, meint Sigrid Gareis. "In der Gründungsversammlung Ende Juni hat sich herausgestellt, dass es sich um politisch sehr interessierte Mitglieder handelt, die sicher auch die Akademie als politisches Sprachrohr nutzen wollen und werden", sagt die Generalsekretärin.
Richtig losgehen soll es ab Oktober. Dann werden sich die Mitglieder, insgesamt maximal 40, regelmäßig treffen und die konkreten Projekte planen. Noch ist inhaltlich nichts festgelegt. Im Rahmen eines Stipendiatenprogramms kommen Künstler aus der ganzen Welt für einige Monate nach Köln. Außerdem sollen externe Projekte zu globalen Themen wie Migration gefördert werden. Ab Oktober wird zudem die Junge Akademie aufgebaut, in der junge Migranten die Projekte der Akademie begleiten. Dabei wird die Akademie eng mit anderen Kulturorganisationen der Stadt zusammenarbeiten.
Finanzierung durch Bettensteuer?
Finanziert werden soll die Akademie mit 150.000 Euro pro Jahr durch das Land Nordrhein-Westfalen und einer Million jährlich durch den städtischen Haushalt. Das Geld wurde vom Stadtrat bereits bewilligt - allerdings vor der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Leipzig, die Kulturabgabe, auch bekannt als "Bettensteuer", teilweise zu kippen. Die Stadt Köln hatte für 2012 mit rund sieben Millionen Euro Einnahmen aus dieser Steuer auf Hotelübernachtungen gerechnet. Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts dürfen Städte zukünftig nur noch von Touristen und nicht mehr von Geschäftsreisenden die Abgabe verlangen. Da dann die Verwaltungskosten kaum im Verhältnis zum Ertrag stehen werden, ist es möglich, dass die Stadt Köln die Steuer gänzlich streicht. Zu den Folgen für die Akademie wollte Kulturdezernet Quander nichts Konkretes sagen. Mittelfristig aber müsse die Akademie ohnehin um Drittmittel werben.