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Poetry Slam

Dorothée Brandt7. Januar 2007

"Poetry Slams" - das sind Dichter-Wettkämpfe, wo jeder, der Lust hat, seine Werke in Kneipen oder Bars vor Publikum präsentieren kann. Die Idee stammt aus den USA, findet aber in Europa immer mehr Anhänger und Aktive.

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Gruppe von Slammern in Texas (Quelle: AP)
Peotry Slam soll vor allem Spaß machenBild: AP

Spot auf den Dichter - ansonsten ist es düster und stickig im Hamburger Musikclub "Molotow". 200 Zuhörer sind in die Kellerbar gekommen, um sich Gedichte und Geschichten von jungen Talenten - oder Leuten, die sich dafür halten - anzuhören. "Poetry Slams" - so nennt sich diese hippe Form der klassischen Dichter-Lesung. Sie sind in Berlin, Hamburg und München in den letzten drei Jahren äußerst populär geworden und finden wöchentlich in Bars, Fabrik-Hallen und Clubs statt.

Die Bestandteile eines "Slams" - was im Englischen "Wettkampf" bedeutet - sind denkbar einfach: Man nehme einen Nachwuchsdichter, ein bunt gemischtes Publikum, eine Jury, die spontan unter den Zuhörern ausgewählt wird - und die Vorführung kann beginnen.

Publikum ist alles

Paul, der selbst noch studiert, ist Organisator der Veranstaltung "Slam the Pony". "Das Publikum ist ein extrem wichtiger Bestandteil des Slams, wenn nicht sogar der Wichtigste, ohne Publikum funktioniert es nicht", erzählt Paul. Denn eigentlich sollen sich die Slammer und die Jury aus dem Publikum rekrutieren.

Wer liest, dessen Name wird zu Beginn des Abends auf eine Tafel geschrieben. Im Prinzip kann jeder seine Texte zum Besten geben und keine Darbietung gleicht der anderen: Mal ein gereimtes Liebesgedicht, mal eine sarkastische Ode an den Alkohol, mal die Sorgen einer 20-Jährigen über die nahenden Wechseljahre - die Vielfalt macht hier den Unterschied.

Volkskultur

Der Düsseldorfer Autor Martin, der seit gut acht Jahren auf deutschen Bühnen seine Gedichte liest, betrachtet diese alternativen Lesungen als Kulturgut: "Das ist in Deutschland ein böses Wort, aber eigentlich verbinde ich mit Slam eine Idee von Volkskultur. Es kostet nur drei Euro Eintritt und es ist eine Möglichkeit für Leute, die Texte in der Schublade haben, irgendwo damit mal aufzutreten Die Möglichkeit hast du sonst nicht."

Wer sich entschließt, seinen Text bei einer nächtlichen Slam zu lesen, sollte neben Schreibtalent außerdem eine gehörige Portion Selbstbewusstsein mit auf die Bühne nehmen: Außer Beifall hagelt es nicht selten auch Kritik. Der 35-jährige Martin wurde sogar schon einmal angespuckt, während er seinen Text las: "Es gibt auch immer wieder Zwischenrufe aus dem Publikum. Es findet immer eine Interaktion zwischen Bühne und Publikum statt - und das finde ich eine extrem wichtige Sache. Also es ist keine trockene, langweilige Lesung, sondern es fliegen Funken!"