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DFB-Ehrenpräsident Egidius Braun ist tot

16. März 2022

Der deutsche Fußball trauert um Egidius Braun. Der DFB-Ehrenpräsident ist im Alter von 97 Jahren in seiner Heimatstadt Aachen gestorben. Braun stand besonders für den verbindenden Gedanken zwischen Amateuren und Profis.

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DFB-Ehrenpräsident Egidius Braun auf der Tribüne bei einer Trainingseinheit der Nationalmannschaft in Aachen
DFB-Ehrenpräsident Egidius Braun auf der Tribüne bei einer Trainingseinheit der Nationalmannschaft in AachenBild: Marius Becker/dpa/picture alliance

"Als Kind wollte ich immer Lokomotivführer werden", erzählte Egidius Braun einmal, "jetzt bin ich Weichensteller geworden." Der langjährige DFB-Präsident hat den Deutschen Fußball-Bund über viele Jahrzehnte maßgeblich geprägt und war das Gesicht der sozialen Verantwortung. In der Nacht zum Mittwoch ist Braun in seiner Heimstadt Aachen im Alter von 97 Jahren gestorben.

In dem Unternehmer, von 1992 bis 2001 Chef des größten Sporteinzelverbandes der Welt, verliert der DFB eine seiner herausragenden Persönlichkeiten in der 122-jährigen Verbandsgeschichte. "Egidius Braun hat das soziale Engagement fest in der DNA und der Satzung unseres Verbandes verankert", sagte der neue DFB-Präsident Bernd Neuendorf, der erst am vergangene Freitag in sein Amt gewählt worden war, in einer Mitteilung: "Es ist und bleibt sein Verdienst, dass der DFB sich seit Jahrzehnten auf vielfältige Weise mit gesellschaftlichen Programmen engagiert, insbesondere auch mit der Egidius Braun gewidmeten DFB-Stiftung, die unter anderem schon seit 2001 Hilfsprojekte in der Ukraine fördert."

International geachtet

"Egidius Braun war der Grandseigneur des deutschen Fußballs. Ein national wie international respektierter, weltgewandter Mann, der sich immer auch für die Schwächeren eingesetzt und sich über viele Jahre den Ruf erworben hat, dass auf sein Wort stets Verlass ist", sagte BVB-Geschäftsführer und DFL-Aufsichtsratschef Hans Joachim Watzke. Der ehemalige DFL-Chef und Präsident von Borussia Dortmund, Dr. Reinhard Rauball sagte, ihn habe mit Braun "viele Jahre eine persönliche Freundschaft verbunden". Die Hingabe mit der Braun sich sozial engagiert habe sei "beeindruckend" gewesen, sagte Rauball. "Ich durfte selbst einst ein Projekt besuchen, dass er mit der Egidius Braun Stiftung in Mexiko ins Leben gerufen hat und weiß genau, dass man im In- und Ausland nach wie vor mit Hochachtung über das spricht, was er geleistet hat."

Die Beisetzung Brauns wird im engsten Familienkreis stattfinden. Wie der DFB bekannt gab, werde dabei im Sinne des Verstorbenen um Zuwendungen für die Ukraine-Soforthilfe der DFB-Stiftung Egidius Braun gebeten. Der 60-jährige Neuendorf sei stolz, "mit meinem Mandat und meinen Wurzeln im Fußball-Verband Mittelrhein heute in seiner Tradition zu stehen". 

Braun vergisst nie seine Wurzeln

Braun stand immer für die Einheit des Fußballs, die große Klammer zwischen den Millionen Amateuren und dem Profibereich. Deshalb konnte es mit ihm auch keine Trennung und keine Gräben geben. So war sein Stammverein auch nicht etwa Alemannia Aachen, sondern der Dorfverein SV Breinig, wo 1938 für ihn alles begann. Seine Wurzeln hat Braun nie vergessen und verleugnet, selbst wenn er mit den Granden der Fußball- und der politischen Welt dinierte. Trotz aller Kritik an seiner Person: Er blieb das, was sein Name Egidius schon besagt: Der "Schildhalter" für die Wurzeln des Baumes, für die SV Breinigs dieser Welt, denn: "Wenn die Wurzel darbt, stirbt die Krone." 

Die Liebe zum Fußball hat den gläubigen Katholiken geprägt. Er war ein DFB-Präsident zum Anfassen, der allerdings immer das große Ganze des Fußballs im Auge hatte. "Fußball ist mehr als ein 1:0" war sein Motto. Soziale Verantwortung wurde deshalb unter Braun großgeschrieben. Die Mexiko-Hilfe wurde von ihm nach der Weltmeisterschaft 1986 aus der Taufe gehoben, die DFB-Stiftung Egidius Braun trägt seinen Namen. 

Sozialpolitische Überzeugungen

Braun hat über viele Jahre den deutschen Fußball geprägt. Dem Mann, der bei der WM in Mexiko nach Siegen in die Tasten griff, um dem Klavier Operetten-Melodien zu entlocken, der aber auch Uli Stein nach Hause schickte - und 1994 nach der Stinkefinger-Affäre Stefan Effenberg - wurde immer wieder das Klischee des "Pater Braun" angehängt.

Egidius Braun konnte verschmitzt sein wie Heinz Rühmann - über den Tisch ziehen ließ er sich ebenso wenig wie der Mann im Film. Braun konnte hart sein, sehr hart, bisweilen auch zäh. Er hatte das Glück, dass in seiner Amtszeit seine sozialpolitische Überzeugung und die Notwendigkeiten des Fußballs zusammenfielen. Stichworte Mexiko-Hilfe, "Keine Macht den Drogen" und die Kooperation mit dem Kindermissionswerk (Sternsinger-Aktion) sowie die Finanzierung und Förderung der Programme zur Integration von Flüchtlingen und Ausländern. 

Sein großer Traum war die WM 2006 in Deutschland. Braun sorgte dafür, dass die acht europäischen Vertreter im Exekutivkomitee des Weltverbandes am 6. Juli 2000 komplett für die deutsche Bewerbung votierten (neben vier Stimmen Asiens) und war damit einer der Wegbereiter für die zweite WM-Gastgeberrolle Deutschlands nach 1974.

jst/dvo (sid/dpa)