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Mangelhafte Asyl-Praxis

27. November 2007

Deutschland und acht weitere EU-Länder verstoßen gegen Asyl-Recht der EU. Vor allem asylsuchende Kinder und Gewaltopfer werden nicht ausreichend geschützt.

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Eine Flüchtlingsbetreuerin erklärt einer Asyl suchenden die komplizierten Abläufe und Regularien einer drohenden Abschiebung (Archiv, Quelle: DPA)
Deutschland bietet asylsuchenden Kindern nicht ausreichend SchutzBild: dpa

Der Umgang mit Asylbewerbern in der EU lässt trotz gemeinsamer Mindeststandards weiter erheblich zu wünschen übrig. Das geht aus einem Bericht der EU-Kommission hervor, der am Montag (27.11.2007) in Brüssel veröffentlicht wurde. So würden die EU-Mindeststandards in den Abschiebegefängnissen in Großbritannien, Belgien, Italien, den Niederlanden, Polen, Luxemburg und Zypern gar nicht beachtet. In Malta würden praktisch alle Asylbewerber sofort inhaftiert, was einen klaren Verstoß gegen das EU-Recht darstelle.

Mangelhafter Schutz für Gewaltopfer

Deutschland bietet dem Bericht nach Kindern und Gewaltopfern unter den Asylbewerbern nur ungenügenden Schutz. So fehle in Deutschland wie in acht anderen EU-Staaten ein Verfahren, um besonders schutzbedürftige Flüchtlinge, wie etwa psychisch kranke oder behinderte Flüchtlinge, zu erkennen. Ein solches Verfahren sei aber "ein zentrales Element", um die EU-Richtlinie zur Aufnahme von Asylsuchenden korrekt anzuwenden, heißt es in dem Bericht. Es sei fraglich, "wie und ob Personen mit besonderen Bedürfnissen ohne eine solche Vorgabe identifiziert werden".

Die Kommission wies auch darauf hin, dass die deutschen und österreichischen Behörden die Bewegungsfreiheit grundsätzlich stark einschränken. Die Richtlinie sehe als Normalfall indes vor, dass ein Asylbewerber sich im gesamten Aufnahmeland frei bewegen darf. Die Brüsseler Behörde merkt weiter an, Deutschland sei neben Portugal und Schweden der einzige EU-Staat, in dem unbegleitete Minderjährige über 16 Jahren statt in Pflegefamilien oder Sondereinrichtungen in Asylbewerberheimen für Erwachsene untergebracht würden. Zudem habe Berlin die Vorschrift nicht umgesetzt, Flüchtlingen spätestens drei Tage nach Eingang ihres Asylantrags ein offizielles Dokument über ihren Rechtsstatus auszustellen.

Schlechte Aufklärung

Auch mit den Informationen für Asylbewerber in Deutschland ist die Kommission unzufrieden. Die Richtlinie schreibe vor, dass die Flüchtlinge in einer ihnen verständlichen Sprache über Rechte und Pflichten aufgeklärt werden müssen. Deutschland habe diese Vorgabe nicht voll in nationales Recht übertragen. Sie wies zugleich darauf hin, dass die Mitgliedstaaten dafür Zuschüsse aus dem EU-Flüchtlingsfonds bekommen können.

In den neuen EU-Staaten Litauen, Polen, Slowenien, der Slowakei, Tschechien und Zypern sowie Zypern gebe es dem Bericht zufolge zudem Probleme mit der Kleidung für Asylsuchende. Länder wie Frankreich, Österreich und Portugal gäben den Flüchtlingen zwar Geld, aber die ausgezahlten Beträge lägen oft weit unter dem Existenzminimum.

EU-Kommissionssprecher Friso Roscam Abbing kündigte an, Innenkommissar Franco Frattini werde im kommenden Jahr Vorschläge zur Verbesserung der Mindeststandards vorlegen. Nach EU-Recht muss ein Flüchtling Asyl in dem Land beantragen, über das er in die Gemeinschaft einreist. (mg)