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Deutschland verfehlt selbst gesetzte Klimaziele

4. Januar 2023

Trotz Sparmaßnahmen aufgrund der Energiekrise konnte Deutschland im vergangenen Jahr seine selbst gesteckten Klimaziele nicht erreichen. Insbesondere der Öl- und Kohle-Einsatz trug zu den Emissionen bei.

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Auf ehemaligen Tagebauflächen ensteht eine GigawattFactory
Energiesicherheit habe Vorrang über Klimaziele bekommen, kritisierte der Agora-Chef Simon MüllerBild: IMAGO/Rainer Weisflog

Deutschland hat seine Klimaziele 2022 einer Studie zufolge trotz Sparmaßnahmen aufgrund der Energiekrise verfehlt. Vorläufigen Zahlen zufolge emittierte Deutschland 761 Millionen Tonnen Treibhausgas, fünf Millionen Tonnen mehr als die selbst gesetzte Obergrenze vorsieht. Aus einer Auswertung des Thinktanks Agora Energiewende geht hervor, dass dafür unter anderem Kohlekraftwerke verantwortlich sind, die als Alternative zu Gas aus Russland genutzt werden. 

Der Energieverbrauch sei vor allem wegen der hohen Preise um fast fünf Prozent verringert worden, doch der Kohle- und Öl-Einsatz machte die daraus gewonnene Treibhausgas-Einsparung wieder zunichte, wie die Studie des Thinktanks zeigte.

"2022 sind die Klimaziele aufgrund kurzfristiger Maßnahmen für die Energiesicherheit ins Hintertreffen geraten", kritisierte Agora-Chef Simon Müller.

Verkehrssektor ist nach Corona-Pandemie größtes Problemfeld

Größtes Problemfeld ist den Angaben der Studie zufolge der Verkehr, der sein Sektorenziel um 11 Millionen Tonnen verfehlte. Nach dem Ende des Lockdowns und gesunkener Corona-Infektionen sei das Verkehrsaufkommen wieder stark gestiegen. Der einhergehende Mangel an politischen Maßnahmen für eine Reduktion der Emissionen im Verkehrssektor hat auch zum Verfehlen des Ziels beigetragen. Die Industrie hat dagegen ihre Ziele durch das Einsparen von Energie und mehr Effizienz eingehalten. 

"Alarmsignal": Regierung muss Trendwende 2023 anstoßen

Müller nannte die Ergebnisse der Studie ein "Alarmsignal im Hinblick auf die Klimaziele". Deutschlands CO2-Emissionen seien trotz des geminderten Energieverbrauchs sowie günstiger Bedingungen für Wind- und Solaranlagen kaum gesunken.

Müller wies darauf hin, dass die Ampel-Koalition ihr Klimaschutzsofortprogramm bislang nicht ausreichend umgesetzt habe. Die Regierung müsse aber 2023 die Energiewende anstoßen. Deutschland hat sich per Gesetz dazu verpflichtet bis 2030 seine CO2-Emissionen bis 65 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 reduzieren, liegt aber derzeit mit einem Minus von 39 Prozent noch hinter der Vorgabe von 40 Prozent für 2020. 

Habeck: Dennoch ist Deutschland auf dem richtigen Weg

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sieht Deutschland ungeachtet des wohl erneut verfehlten Emissionsziels grundsätzlich auf dem richtigen Weg. "Trotz der Energiekrise durch Putins Angriffskrieg und der deshalb nötigen zusätzlichen Kohleverstromung sind die Gesamtemissionen 2022 gegenüber 2021 leicht gesunken", erklärte der Grünen-Politiker. Deutliche Energieeinsparungen und der hohe Anteil der Erneuerbaren Energien zeigten, "dass wir den richtigen Kurs eingeschlagen haben". "Unser Sorgenkind ist der Verkehrsbereich, in dem die CO2-Emissionen erneut gestiegen sind", fuhr Habeck fort. Alle dort bisher vorgesehenen Maßnahmen reichten nicht aus.

Erneuerbare Energien werden noch zu wenig ausgebaut

Der Agora-Auswertung zufolge ist mit 248 Terawattstunden so viel Strom wie nie zuvor aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen worden. Das sind rund 10 Prozent mehr als 2021. 

Ein Dorf schafft die Klimawende

Um das im Erneuerbare-Energien-Gesetz festgeschriebene Kapazitäts-Ziel von 215 Gigawatt bis 2030 zu erreichen, wäre ab 2023 ein Zubau von durchschnittlich 18,6 Gigawatt jährlich aus Solaranlagen nötig, rechnet Agora vor. Insgesamt wurden nach vorläufigen Daten 2022 Solaranlagen mit einer Leistung von 7,2 Gigawatt neu in Betrieb genommen.

Bei Windkraftanlagen liegt das Ziel bei 115 Gigawatt, dafür müssten pro Jahr Anlagen mit einer Kapazität von rund 7,1 Gigawatt entstehen. Im vergangenen Jahr kam eine Kapazität von 2 Gigawatt hinzu.

los/ehl (dpa, Reuters, epd)