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Waffenhilfe für die Kurden

31. August 2014

Die Bundesregierung macht ernst: Die kurdischen Peschmerga-Milizen bekommen für ihren Kampf gegen den "Islamischen Staat" (IS) Waffen aus deutschen Beständen.

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Irak Treffen im Kanzleramt Waffenlieferung (Foto: Soeren Stache/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

In einer Grundsatzentscheidung hat eine Ministerrunde unter Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Waffenlieferungen an die kurdischen Kämpfer im Nordirak beschlossen. Geliefert werden sollen unter anderem 16.000 Sturmgewehre vom Typ G3 und G36, 8000 Pistolen, 10.000 Handgranaten, 240 Panzerfäuste, 30 Panzerabwehrwaffen vom Typ Milan mit 500 Raketen und Fahrzeugen.

Es sei die humanitäre Verantwortung und im sicherheitspolitischen Interesse, den Leidenden zu helfen und die Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) zu stoppen, teilte das Bundesverteidigungsministerium am Sonntagabend in Berlin mit. Die Waffenlieferungen sollen in mehreren Tranchen erfolgen, bis Ende September sollen 4000 Soldaten ausgestattet werden, wie Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) mitteilte.

Neben Merkel und von der Leyen nahmen auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) an dem Treffen teil. Zudem wurde mit CSU-Parteichef Horst Seehofer über die Entscheidung beraten.

Außerdem soll die humanitäre Hilfe aufgestockt und in Höhe von 50 Millionen Euro bereitgestellt werden. Die Bundeswehr hat bereits fast 180 Tonnen Lebensmittel, Decken und Medikamente in den Irak geflogen. Hinzu kommen 4000 Schutzwesten und Stahlhelme, 700 Funkgeräte und 680 Nachtsichtgeräte. Sechs Soldaten der Bundeswehr befinden sich bereits vor Ort und koordinieren die Verteilung der humanitären Hilfsgüter sowie der militärischen Ausrüstung.

Politik dafür, Volk dagegen

Am Montag will Merkel vor dem Bundestag eine Regierungserklärung zur neuen deutschen Haltung abgeben. Das Parlament stimmt dann zwar in einer Sondersitzung ab, das Ergebnis ist für die Regierung aber nicht bindend. Anders als bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr hat der Bundestag bei Waffenlieferungen in Krisengebiete kein Mitspracherecht.

Nichtdestotrotz kann sich die Regierung einer Mehrheit im Parlament gewiss sein. Die meisten Abgeordneten der Koalition aus Union und SPD stehen hinter der Entscheidung. Auch Mitglieder der oppositionellen Grünen befürworten die Unterstützung der Kurden mit Waffen. Einzig die Linkspartei lehnt Waffenexporte grundsätzlich ab. Mit der Waffenlieferung werde die Bundesregierung zur Kriegspartei, erklärte die Linkspartei noch vor der Entscheidung.

Die Mehrheit der Bevölkerung lehnt Waffenlieferungen in den Irak ab. Etwa zwei Drittel aller Deutschen haben sich allen Umfragen zufolge dagegen ausgesprochen.

(K)ein Paradigmenwechsel

Mit dem Ja zu Waffenlieferungen an die Kurden hat die Bundesregierung eine sicherheitspolitische Entscheidung getroffen, die es so noch nicht gab. Es ist zwar nicht das erste Mal, dass Deutschland Waffen in ein Krisengebiet liefert - die Bundesregierung versorgt Israel unabhängig von der Lage im Nahostkonflikt seit Jahrzehnten mit Rüstungsgütern. Dabei handelt es sich allerdings um einen Sonderfall: Begründet durch den Holocaust ist der Schutz des Existenzrechts Israels deutsche Staatsräson.

Im Nordirak hingegen unterstützt die Bundesregierung erstmals eine Konfliktpartei, die nicht zu den traditionellen Verbündeten Deutschlands gehört. Dies ist besonders brisant, zumal die kurdische Autonomieregierung politische Ziele verfolgt, die die Bundesregierung ablehnt oder gar für gefährlich hält. Dazu gehört, dass die Kurden einen eigenen, unabhängigen Staat gründen wollen. Zudem kooperieren Kämpfer der in Deutschland verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK mit der Armee der kurdischen Autonomieregierung, den sogenannten Peschmerga-Milizen. Dass deutsche Waffen somit auch an die PKK gelangen, ist nicht auszuschließen.

chr/sp/as (dpa,afp)