EuGH gegen Auslieferungen aus Deutschland
5. April 2016Deutschland darf einen Rumänen und einen Ungarn, die per Europäischem Haftbefehl gesucht werden, wegen der schlechten Haftbedingungen in ihren Heimatländern zunächst nicht ausliefern. Erst muss sichergestellt sein, dass den Männern in den dortigen Gefängnissen keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe droht, wie der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in einem Grundsatzurteil in Luxemburg feststellte.
Einbruch und Fahren ohne Führerschein
Gegen den Ungarn Pál A. hatte ein Ermittlungsrichter in seiner Heimat wegen zweier Einbruchsdiebstähle zwei Europäische Haftbefehle erlassen, hieß es in einer Pressemitteilung des EuGH. Gegen den Rumänen Robert C. liegt demnach ein Europäischer Haftbefehl aus seiner Heimat wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis vor. Beide Männer wurden in Deutschland festgenommen, das Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen ist mit ihnen befasst.
Vor der normalerweise nun fälligen Auslieferung hatte sich das deutsche Gericht an den EuGH in Luxemburg gewandt. Denn die Vorgeschichte ist kompliziert: In den Jahren 2014 und 2015 hatte ein drittes Gericht, der zum Europarat gehörende Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, zwei Urteile gegen die Staaten Rumänien und Ungarn gefällt. Der Menschenrechtsgerichtshof stellte darin fest, dass diese Staaten wegen der Überbelegung ihrer Gefängnisse gegen die Grundrechte verstoßen haben. Das Oberlandesgericht Bremen wollte nun vom für die Haftbefehle zuständigen EuGH wissen, ob es die Männer unter diesen Umständen ausliefern darf.
Nachfrage nach Haftbedingungen
Erst einmal nein, stellten nun die Luxemburger Richter in dem Urteil fest, das auch als Leitlinie für künftige ähnliche Fälle gilt. Allerdings werde die Auslieferung nicht schon allein dadurch verhindert, dass in dem jeweiligen Land ganz allgemein die Gefahr unmenschlicher Behandlung drohe, machten die Richter klar. Vielmehr müsse es "bestätigte Gründe" für die Annahme geben, dass der Betroffene im dortigen Gefängnis "tatsächlich einer solchen Gefahr ausgesetzt sein wird". Die deutsche Justiz hat deshalb vom EuGH den Auftrag erhalten, in Ungarn beziehungsweise Rumänien Informationen zu erbitten, unter welchen Haftbedigungen die beiden Männern bei einer Auslieferung inhaftiert würden. Wenn die Informationen eher negativ ausfallen, muss die Vollstreckung der Haftbefehle weiter aufgeschoben werden.
ml/pab (epd,rtr,afp)