Deutsche Städte im Wandel
Der Vergleich von historischen und aktuellen Fotografien deutscher Innenstädte zeigt: nicht Kriegsschäden, sondern der Modernisierungswille der Stadtplaner verunstaltete einst schöne Orte.
Bonn, Bahnhofsplatz 1955
Die Aufnahme des Bonner Bahnhofsplatzes ist eines von 14 Bildpaaren, die die Wanderausstellung "Plätze in Deutschland 1950 und heute" der TU Dortmund zeigt - aktuell in Freiburg zu sehen. Gegenübergestellt werden Fotos von öffentlichen Plätzen, Bahnhöfen und Straßenkreuzungen, die in den 1950er Jahren und Jahrzehnte später entstanden sind. Das Ergebnis ist ein ernüchternder Vergleich.
Bonn, Bahnhofsplatz 2011
Das Areal um den Bonner Hauptbahnhof 2011: Die mit Bäumen gesäumte Straße mit den neoklassizistischen Häusern ist 70er-Jahre-Bauten und dem "Bonner Loch" gewichen. Doch der freigewordene Raum, den man damals für erstrebenswert hielt, lässt das Stadtbild nicht offener oder großzügiger aussehen.
Oldenburg, Stau 1955
Die Ausstellung wurde von dem deutschen Architekten Christoph Mäckler konzipiert, um zu zeigen, welch schwere Schäden die Städteplaner den deutschen Städten in der Nachkriegszeit zugefügt haben. Das Bild zeigt einen Abschnitt der Oldenburger Straße Stau. Das maritime Ambiente an der Stau wirkt geradezu malerisch.
Oldenburg, Stau 2013
Im Jahr 2013 ist die Idylle einer mehrspurigen Straße gewichen. Die Ausstellung demonstriert, wie vielerorts pittoreske Plätze dem wachsenden Verkehr weichen mussten. Die Städte haben sich nicht nur durch die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg verändert, sondern auch durch die Architekturpolitik der Nachkriegszeit, in der Kultur- und Denkmalschutz keine große Rolle spielte.
Köln, Domvorplatz 1920
Der Kölner Domvorplatz war vor dem Zweiten Weltkrieg ein belebter Platz, umrahmt von verspielten neoklassizistischen Häusern und der weltberühmten Kathedrale im Zentrum. Seit jeher haben Plätze eine wichtige Rolle in einer Stadt gespielt: als Handelsort, Treffpunkt und repräsentatives Zentrum eines Ortes.
Köln, Domvorplatz 2013
Nachdem im Zweiten Weltkrieg fast alle Gebäude rund um den Dom zerstört worden waren, wurde der Platz komplett verändert. Bereits in den 20er Jahren sind für viele Städte Modernisierungspläne entworfen worden. Dahinter lag der Wunsch, das Kaiserreich auch architektonisch zu beenden. Doch erst nach dem Krieg konnten die Baumaßnahmen schließlich umgesetzt werden.
Halle an der Saale, Franckeplatz um 1950
Der Fokus auf das ästhetische Desaster der umgestalteten Plätze wird insbesondere bei den Bildern aus Halle an der Saale offensichtlich. Im Jahr 1950 ist der Franckeplatz, der von dem Haus der Franckeschen Stiftungen dominiert wird, noch beschaulich.
Halle an der Saale, Franckeplatz 2012
Hochbrücken und Autos dominieren nun den Franckeplatz und versperren den Blick auf das historische Gebäude. Zwischen den 1950er bis 1970er Jahren führte das Leitbild der "verkehrsgerechten Stadt" zu massiven Eingriffen in die Struktur vieler deutscher Plätze: Bahnhaltestellen, Stadtautobahnen und Brücken bestimmen in den Bildern von heute die Stadtszenen.
Frankfurt a. M., An der Hauptwache 1955
Schon 1955 waren viele Plätze, etwa die Frankfurter Hauptwache, nicht verkehrsberuhigt oder gar autofrei. Trotzdem waren sie ein Treffpunkt städtischen Lebens, mit Cafés, kleinen Geschäften und Zeitungsständen. Dieser Aspekt ist in der ökonomischen und funktionellen Neuordnung der Städte verloren gegangen.
Frankfurt a. M., An der Hauptwache 2013
Das Café und die kleinen Geschäfte in der Mitte des Platzes sind 2013 verschwunden, stattdessen gibt es nun einen U-Bahnzugang. Ebenfalls neu ist die Skyline im Hintergrund. Die kleine Hauptwache wirkt nun wie aus der Zeit gefallen.
Heidelberg, Bismarckplatz 1950
Der Verkehrsknotenpunkt in Heidelberg war schon 1950 nicht idyllisch, lag er doch direkt am Hauptbahnhof im Zentrum der Stadt. Mitte der 50er Jahre wurde der Hauptbahnhof an den Rand der Stadt verlegt. Die Möglichkeit den Platz einladend umzugestalten, wurde allerdings nicht wahrgenommen.
Heidelberg, Bismarckplatz 2013
Heute bestimmen der Verkehr und die klobigen 70er-Jahre-Bauten vollends den Heidelberger Bismarckplatz. Diese und weitere eindrucksvolle Fotografien sind im Rahmen der Wanderausstellung noch bis zum Sommer 2014 in mehreren deutschen Städten zu sehen.